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Giovanna
Jill A.L. hat gesagt.:demnach ist es völlig egal, ob ich ein Baby ein paar Minuten oder 1h schreien lasse, der Schaden ist derselbe ? Wie sicher bist du dir da? Woher hast du dieses Wissen? Wenn ich meinen Großen wickel oder Mittags ins Bett bringe oder grade das Mittagessen auf dem Herd in einer heißen Phase ist, kommt es schon öfter mal vor, dass der Kleine anfängt zu weinen. Bisher hab ich mich dann immer beeilt, umso schnell wie möglich zu ihm zu kommen(wenigstens in Sichtweite). Heißt das nun ich kann mir Zeit lassen, weil er es ja eh nicht merkt, wie lange er brüllen muß?
Zu meinem ersten Punkt mit der Zeit:
Natürlich ist es NICHT egal, ob ein Baby ein paar Minuten brüllt oder ne Stunde. Schon allein deshalb, weil weinen ja ein Notsignal des Babys ist und viel Energie und Kraft kostet. Auch weil Babys Knötchen an den Stimmbändern bekommen können, wenn sie zulange brüllen und weil Weinen kein schöner Zustand ist und das Baby sich elend fühlt...weil meist ein Dringendes Bedürfnis hinter dem Schreien steckt und und und.
Für die Entwicklung der psychischen Sicherheit ist es wichtig, dass (meistens ) sofort auf das Weinen reagiert wird, damit das Baby einen Zusammenhang zwischen seinem Verhalten (Weinen) und der mütterlichen Reaktion (dem Trösten) herstellen kann. Ist der Zeitraum zwischen dem Weinen und der Reaktion darauf zu lang, dann fühlt sich das Kind nicht als "Verursacher" der mütterlichen Reaktion, d.h. es fehlt die Erfahrung der Effektivität des eigenen Verhaltens. Das Kind fühlt sich nicht selbstwirksam und das Eingehen der Mutter auf sein Weinen scheint für das Baby zufällig zu sein. Es hat also nicht das Gefühl es könnte die Welt beeinflussen und selbst "Hilfe herbeiholen". Damit fehlt wieder eine wichtige Dimension für die emotionale Sicherheit. Und da bin ich mir sicher, macht es keinen Unterschied, ob das Baby 5 Minuten oder ne halbe Stunde weint- der Zug für die Verknüpfung zwischen seinem eigenen Verhalten und der Reaktion der Mutter, ist nach wenigen Minuten abgefahren (hängt mit den Erklärungen für das Kurzzeitgedächtnis unten zusammen)...dann hat das Erscheinen und Gehen der Mama Zufallscharakter und dem Baby fehlt die Erfahrung, dass es selber jederzeit Hilfe herbeiholen kann, wenn es sie braucht, eine wichtige Vorraussetzung für psychische Sicherheit. Keiner will der Welt hilflos ausgeliefert sein, jeder möchte Einfluss nehmen können und sich selber helfen, wenn es drauf ankommt.
Zu meinem zweiten Punkt mit dem Kurzzeitgedächtnis:
Ich glaube hier erklär ich garnicht lang, ich geb ein Beispiel. Wenn ein 6-Monate altes Baby sich z.B. die Fernbedienung grabscht und darauf rumkaut. Dann ist es ein Leichtes dieses Baby mit einem anderen interessanten Gegenstand abzulenken und ihm die Fernbedienung zu entwinden und aus dem Blickfeld zu schaffen. Es wird der Fernbedienung keine Sekunde nachweinen, wenn man es geschickt anstellt, da für das Baby gilt : AUS DEN AUGEN-AUS DEM SINN.
Auch bei einem 9-Monate alten Baby kann man mit Ablenkung noch gut punkten, auch mit einem Jahr und eineihalb, da die Erinnerungsspanne sehr, sehr kurz ist.
Versucht man das mit einem 2jährigen, sieht die Sache schon anders aus. Ein Zweijähriges Kind brüllt der Fernbedienung noch eine halbe Stunde hinterher, weil es sich gut erinnern kann.
Genau dasselbe Phänomen gilt auch für das Erscheinen der Mama im bestimmten Zeitabständen, während das Baby weint. Sobald Mama wieder aus dem Blickfeld ist, ist sie für ein 5 Monate altes Baby vergessen.
Ich zitiere hier mal aus meinem Buch:
Lise Eliot "Was geht da drinnen vor- Die Gehirnentwicklung in den ersten 5 Lebensjahren" Kap. 13 "die Entstehung des Gedächtnisses"
"Acht Monate ist das Alter, in dem ein Baby erstmal in der Lage ist, ein verstecktes Spielzeug wiederzufinden....
....In diesem Alter können Babys endlich für einige Augenblicke ein gedankliches Bild von der Mutter, von einem Spielzeug oder einem Ereignis zurückbehalten, nachdem das betreffende Vorbild aus der Sicht verschwunden ist. Diese Fähigkeit, Objektpermanenz genannt , ist wesentlich für die Bindung verantwortlich. Man nimmt an, dass diese Form des bewussten Kurzzeitgedächtnis infolge eines Entwicklungsschubs im präfrontalen Kortex etwa in diesem Alter zustande kommt."
lg, Johanna