Ich bin mir gar nicht so sicher, ob ich hier mitschreiben kann/darf/soll, weil das, was ich mit Marlene mache, keine wirkliche "Erziehung" ist und ich daher in vielen Dingen ein bißchen andere Ansichten habe. :oops:
Drei Dinge, an die ich mich zu halten versuche:
1. Ich kann von Marlene nicht erwarten, daß sie mich versteht, wenn ich ihr nicht zeige, daß ich sie auch verstehe.
2. Ich versuche so oft es geht, den "Schaden", den Marlene nimmt, geringer zu halten, als die Einbuße, die ich durch einen Verzicht o.ä. habe.
3. Ich gebe ihr die gleiche Achtung, die ich auch einem Erwachsenen geben würde, und sehe sie nicht nur als meine Tochter, sondern als meine Freundin an. Wir sind ein Team.
Um konkret auf Deine Beispiele einzugehen:
Ich kann gut nachvollziehen, daß Melissa in dem Reisebüro die Welt nicht mehr verstanden und ihrer Ohnmacht in dieser Situation lautstark Luft gemacht hat - wie soll sie sich auch sonst verständlich machen? Ich selbst kenne das Gefühl aus Partnerschaftsdiskussionen, wie es ist, wenn der andere nicht mehr antwortet und mich ignoriert, wo ich doch mir so wichtige Dinge zu klären hab. Da werd selbst ich als sonst recht ausgeglichene und "sprachgewandte" Erwachsene zur Furie und weiß nicht, wohin mit meiner Wut. Wie soll es da erst einem kleinen Kind gehen?
Hättet Ihr nicht die Möglichkeit gehabt, nur ein paar Minuten länger im Reisebüro zu bleiben, damit Melissa ein bißchen spielen kann? Selbst, wenn Ihr eine Viertelstunde dort geblieben wäret, wäre das für alle Beteiligten entspannter gewesen, als die folgende Stunde "Anfall", von der Du geschrieben hast.
Kinder wollen lernen. Dazu müssen sie imitieren. Ich kann von Marlene nicht verlangen, daß sie in Streßsituationen ruhig bleibt, wenn ich selbst ruppig und bestimmt mit ihr umgehe. Letztendlich ist sie als mein Kind auch ein bißchen mein Spiegelbild.
Als Du Dich zu Melissa ins Zimmer gelegt und ruhig mit ihr gesprochen hast, hat ihr das offensichtlich sehr gut getan. Kannst Du nicht mal versuchen, ihr jedes Ge- bzw. Verbot ebenso ruhig zu erklären? Und ich meine damit wirklich "erklären" - selbst, wenn sie noch nicht alles versteht, wird sie doch die Zeit, die Du Dir für Deine ruhigen Worte nimmst, zu schätzen wissen, sich geachtet fühlen und damit vielleicht auch Dir mehr Verständnis entgegenbringen.
Wir haben hier auch so Situationen, daß Marlene schubst, mit Sand schmeißt etc. Wenn ich dann ruppig reagiere, pushe ich sie damit nur noch mehr. Nehme ich sie aber ruhig zur Seite und bitte sie geduldig, mir kurz zuzuhören, wird sie mit der Zeit auch aufmerksam und ich kann ihr erklären, daß sie das nicht machen soll, weil sie ja selbst auch nicht möchte, daß man so mit ihr umgeht. Ob sie das dann wirklich begreift, weiß ich nicht, aber durch diesen Break ist die Situation häufig schon entschärft und sie spielt normal weiter.
Jedes Kind hat tagtäglich wahnsinnig viel Input und muß ganz viele Dinge neu erfahren und vor allem begreifen lernen. Jede Veränderung, die noch dazu kommt, wirft das Kind aus seiner vertrauten Bahn. Bei Euch kommt im Augenblick ganz viel zusammen und ich könnte mir vorstellen, daß Melissa auch dadurch sehr überreizt ist, was Dich als fast-alleinerziehende Mutter wahnsinnig viel Kraft kostet. Es ist ein kräftezehrender Kreislauf, der nur schwer zu durchbrechen ist.
Vielleicht kannst Du versuchen, Stephanies Rat zu beherzigen, etwas zu finden/tun, das Dich entspannt - und wenn es nur mal so richtig Ausschlafen ist (hilft mir oft schon ganz enorm - das sind dann die Abende, wo ich nicht schnullere
).
Ich wünsche Dir Kraft, Geduld und Ruhe!
...das liest sich jetzt alles so beselt und wunderprächtig an - bei uns ist auch nicht alles Gold, was glänzt, aber alles in allem läuft es ganz gut.