gabriela hat gesagt.:
@jaqueline
gibt es einen zusammenhang zwischen hochbegabung und ADS bei deinem sohn, oder sind das unabhängige "diagnosen"? was tut ihr wegen seiner hochbegabung, geht er auf einer speziellen schule? wie wird er gefördert?
Bei Oliver wurden die Diagnosen unabhängig, auch zeitlich, gestellt. Erst wurde im Rahmen seiner Herz-OP ein Entwicklungstest ( Kaufmann ABC & HAWIK ) gemacht, nach einem halben Jahr wiederholt, wo sich seine Hochbegabung zeigte. Als sich die familiäre Lage immer mehr verschärfte, und wir uns mit nicht mehr damit abfinden konnten, dass er einfach unterfordert sein sollte, gelangten wir noch einmal ans Kinderspital (Abteilung Wachstum und Entwicklung, Chef Remo Largo), da im Entwicklungstest auch die Diagnose MCD festgehalten wurde - minimale cerebrale Dysfunktion - ein veralteter Begriff für ADS (was ich heute weiss, damals nicht)
ADS-Kinder sind sehr oft überdurchschnittlich intelligent, können aber ebenso oft ihre Fähigkeiten wenig ausleben, weil sie durch ihre Probleme daran gehindert werden.
Oliver geht zur Zeit ganz normal in die Regelschule - es gibt keine Alternativen.... Die Schweiz kennt nur einfach die Schule im Quartier, für alle gleich - oder dann die Privatschulen, die aber komplett selber finanziert werden müsste - über 1000 Euro monatlich... Am Klasse überspringen hindert ihn vor allem sein soziales Verhalten, welches auch durchs ADS etwas *hüstel* eigen ist....
Seine Förderung bekommt er daheim - er hat freien Zugang zu Büchern, geregelten Zugang zum Internet, ungehinderten Zugang zu den Eltern-Gehirnen *g* und interessiert sich eigentlich für alles, solange es was mit Wissen zu tun hat.
gabriela hat gesagt.:
bei mir wurde hochbegabung mit 12 jahren festgestellt, da hatte ich gerade meinen ersten selbstmordversuch hinter mir :-? ich habe das als eine unerwünschte krankheit empfunden und oft verflucht, ich empfand die vielen gedanken mehr als eine qual, als etwas positives. manches bereitete mir viel spass und erfüllte mich auch heimlich mit stolz, zb. vorlesungen in erwachsenen literaturzirkeln mit 13 jahren zu halten, oder malen, schreiben, zeichen (meine bereiche waren kunst und literatur). schach habe ich profimässig ein paar jahre gespielt, hatte aber mit 14 jahren keine lust mehr dazu, ich habe als landesvizemeisterin für junioren aufgehört. heute muss ich überlegen wo der könig und wo die königin hingehören. meine nichte hat es in kanada als meisterin ihrer altersklasse gebracht, ist sehr intelligent, aber nicht hochbegabt. hochbegabung macht einsam und unglüklich, habe ich zumindest so erlebt. ich habe alles mögliche getan um mein IQ zu verrringern und ein möglichst unauffälliges, normales leben zu führen, manches ist mir sogar gelungen. bei dem grossen tv-test vor 1-2 jahre habe ich nur noch 131 punkte erreicht
Liebe Gabriela, welche Verschwendung - den IQ kannst Du nicht verringern, das weisst Du... und wenn Du Deine Begabung leugnest, dann lehnst Du einen Teil von Dir ab. Ich kann sehr, sehr gut verstehen, dass Du diesen Weg genommen hast, aber irgendwie ist es doch schade, dass Du hinstehst und Dich dümmer stelllen musst, als Du bist (verzeih die Formulierung), weil Du glaubst, dass das Deinem Glück hinderlich ist.
gabriela hat gesagt.:
für mich war ein drama, dass flavia sehr frühreif war und anzeichen einer hohen intelligenz hatte. manche freunde haben mir geraten, als sie 4-5 jahre alt war, mit ihr in einen hochbegabten zentrum zu gehen, damals gab es (glaube ich) einen in münchen in der nähe. ich konnte es nicht, ich hätte, um sie zu fördern, meinen job an die nagel hängen und einen gut verdienenden mann gebraucht - und viel mut. besonders das fehlte mir, weil für mich das eine krankheit, ein fluch war, das ich schwer en meinem kind fördern konnte. ihr glaubt nicht wie FROH ich bin, dass laurin ein aufgeweckter, aber ganz normaler junge ist!
Ich kann es verstehen - aber bist Du sicher, dass Du ihr damit wirklich einen Gefallen getan hast? Hast Du ihr damit nicht ebenso vermittelt, Hochbegabung und Glück schliessen sich aus? Hast Du Ihr nicht etwas vorenthalten? Nein, nicht die Förderung, dafür braucht es nicht einen reichen Mann - sondern ihre Ganzheit, ihr das Gefühl zu geben, dass sie vielleicht zwar anders denkt, aber ok. so ist?
gabriela hat gesagt.:
wie gehst du mit deiner hochbegabung um, wie gehst du mit der hochbegabung deines sohnes um? ich habe deine webseite gelesen und mir sehr schwer getan hier darüber zu sprechen. ich habe oft das gefühl, damit ein kapitel in meinem leben abschliessen zu müssen, man kann sich aber schwer ein teil des gehirns wegsperren. vorallem was flavia betrifft habe ich oft ein schlechtes gewissen, weil ich ihr durch meine eigene geschichte, durch die eigene angst, vielleicht den weg versperrt habe. ich wollte ihr aber einiges ersparen, was ich dadurch erlebt habe, vielleicht konnte ich auch nicht anders. ich hoffe, sie wird das irgendwann verstehen.
grüsse,
gabriela
Weisst Du, ich habe es ja nicht klar gewusst bis diesen Januar, was mir mein ganzes bisheriges Leben schwer gemacht hat. Ich habe mich immer gefühlt, als sei ich nicht normal. Als würden sich Klugheit und Lebensglück zwingend ausschliessen.
Jetzt weiss ich es - und ich bin sehr, sehr froh drum! Ich weiss nun, dass ich einfach so bin, wie ich bin, ich muss mich nicht mehr mit fremden Masstäben messen und schon gar nicht mit meinen eigenen (!) - ich bin einfach ich, mit all meinen Selbstzweifeln, ungewöhnlichen Interessen, meiner Hypersensibilität, meiner Lärmempfindlichkeit (besonders wertvoll mit mehreren Kindern *lach*)
Es macht vieles wett, dass ich mich nicht mehr im stillen irgendwie "krank" und "abnormal" fühle. Ich habe eine Antwort bekommen, warum ich so denke, wie ich denke. Und das macht auch mehr als wett, dass es meinen Eltern nichts galt, dass ich nur eine faule, auf ihrem dicken Ar*** sitzende Trulla war, die nichts ausser lesen wollte und bei den von ihnen gewünschten sportlichen Aktivitäten versagte.
Heute bin ich erwachsen und kann das Beste draus machen, ich kann mich annehmen. Es ist, als sei ich ein zweites Mal erwachsen geworden - und Gabriela, genau DAS wünsche ich Dir auch - dass Du diesen Teil von Dir annehmen kannst - er gehört zu Dir!
Und schau, vor der Diagnose hatte ich eine liebe Familie, liebe Freunde, die Jacqueline mochten - das tun sie immer noch, egal ob ich nun hochbegabt oder normal bin. Und das wird bei Dir auch nicht anders sein, bestimmt.
Und wenn Du Deiner Tochter etwas mitgeben willst : gib ihr mit : Anderssein ist nur dann schlimm, wenn man sich selber deswegen ausgrenzt.
Genau deswegen kann ich übrigens unterdessen sehr gut mit Olivers Eigenheit umgehen - weil ich weiss, dass er nie so sein wird wie andere Kinder in seinem Alter und das auch nicht mehr suche. Und das spürt er!
Ganz liebe Grüsse, Jacqueline
(nein, kürzer ging's nicht :? )