"Ich spreche Hochdeutsch, weil die Kinder sich dann in der Schule leichter tun".
Wie oft muß man diesen - mit Verlaubt - schwachsinnigen - Satz hören.
Hatten euere Eltern oder Großeltern, sofern sie mit einem Dialekt als Muttersprache aufwuchsen, irgendwelche Probleme in der Schule?
Häufig hatten sie freilich keine Möglichkeit weitereführende Schulen zu besuchen. Was aber an der finanziellen Situation und den schlechten Verkehrsanbindungen der damaligen lag und keinesfalls am Dialekt.
Ich finde es pervers, wenn Eltern mit ihren Kindern aufgesetzt nach der Schrift reden und diese Kinder, die noch nicht mal lesen und schreiben können, dann ebenfalls so daherpallavern.
Wenn der eingangs genannte Satz die Wahrheit wäre, warum haben dann ausgerechnet Dialekt-Bundesländer wie Bayern, Baden-Würrtemberg und Sachsen die besten Deutsch-Ergebnisse bei PISA eingefahren, und warum rangiert das Hochdeutsch-Land Niedersachsen unter den Schlußlichtern?
Weil ein Kind, das mit dem Dialekt als Muttersprache aufwächst und Hochdeutsch später in der Schule hinzubekommt, zweisprachig aufwächst, es bekommt einen größeren Wortschatz mit auf den Lebensweg, lernt zwischen zwei Sprachvarianten zu unterscheiden, sie je nach Situation und Gesprächspartner anzuwenden. Dialekt-Kinder sind sprachgewandter als reine Hochdeutsch-Kinder.
Hinzu kommt, daß man sich mündlich in einem Dialekt nun einmal besser ausdrücken kann, da Hochdeutsch vor allem als Schriftsprache konzipiert wurde. Gerade die bewußt auf Hochdeutsch gedrillten Kinder sind es, welche die meisten Rechtschreibfehler produzieren, da sie eingeschliffene Aussprachefehler in die Schreibweise übernehmen. Sie wachsen ja im Bewußtsein auf, nach der Schrift zu sprechen...
Ein Dialekt-Kind hingegen muß die Schriftsprache von Grund auf erlernen und läuft damit nicht Gefahr, Sprachfehler zu verschriftlichen. Denn es lernt, daß geschriebene und gesprochene Sprache nun einmal zwei verschiedene Paar Stiefel sind.
Wenn ein Bayer oder ein Sachse mit seinem Kind Hochdeutsch spricht, kommt mir die Galle hoch. Solche Leute verraten ihre Heimat, da sie ein Stück wertvolles Kulturgut "ablegen" wie ein altes, abgetragenes und unmodernes Stück Kleidung.
Keiner will daß sein Heimat-Dialekt ausstirbt - wer jedoch mit seinen Kindern anstelle dieses Dialekts Hochdeutsch spricht, beteiligt sich aktiv an der Ausrottung der Mundart.
Mit jedem Dialekt der ausstirbt bzw. mit jedem Kind, das keinen Dialekt mehr lernt, verarmt die deutsche Sprache wieder ein bißchen mehr.
Ja, kein anderer Adolf Hitler höchstpersönlich war einer der größten Verfechter des Nach-Der-Schrift-Sprechens. Aus jener Zeit stammen wohl auch die Gerüchte, daß Hochdeutsch-Kinder bessere schulische Leistungen erbringen würden. In Wirklichkeit ging es ihm um Gleichmacherei, denn ein Land, in dem ein sprachlicher Einheitsbrei vorherrscht, ist halt leichter zu überwachen. Kulturelle Vielfalt, wie sie vor allem durch die Mudnart vermittelt wird, war da fehlt am Platz.
Jawohl. Kulturelle Vielfalt, wertvolles Kulturgut. Keine "Bauernsprache", wie einige Schmalspur-Intellektuelle heute immer noch behaupten, sondern ein Kulturgut erster Klasse, das es an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben gilt - und zwar als Muttersprache.
Daher sei mir am Schluß des Beitrags die Frage gestattet, wer euch den Blödsinn erzählt hat, Hochdeutsch-Kinder würden sich in der Schule leichter tun...