Lebensmittelboxen im Supermarkt

AW: Lebensmittelboxen im Supermarkt

Eos, ich bin nicht vom Fach, aber wenn es so ist, wie Du schreibst, daß jeder Bürger ein einklagbares Recht auf finanzielle Unterstützung hat- warum gibt es dann immer mehr Armut in Deutschland? Die Realität ist eine ganz andere...

Aber wenn von Seiten des Staates die Hilfe nicht ausreicht, was dann?

LG!

Aus meiner Sicht sind das zwei Paar Schuhe. Es gibt einerseits einen gesetzlichen Anspruch auf finanzielle Unterstützung zum Lebensunterhalt, d.h. aktuell also Hartz IV. Der Anspruch des Gesetzgebers ist es, die Höhe dieser Unterstützung so festzulegen, dass ein menschenwürdiges Leben in der Gesellschaft möglich ist. Und da gelten dann deutsche Standards, was üblich und normal ist, sprich, es orientiert sich meines Wissens (da bin ich aber jetzt nicht ganz sicher, müsst ich nachschauen) an den unteren soundsoviel Prozent der deutschen Verbraucher. Dazu nochmal eine kleine Lücke, denn "Arbeit muss sich lohnen", d.h. jemand der arbeitet, soll aus seiner Lohnarbeit mehr Geld verdienen als jemand, der staatliche Unterstützung bekommt.

Soweit die Theorie.

Das zweite Paar Schuhe ist dann eben die Praxis, also die Frage, wie dieser staatliche Unterstützungsanspruch umgesetzt wird. Ist der Hartz IV-Satz zu hoch oder zu niedrig, was ist menschenwürdig, was ist angemessen und was nicht. Stellt man jetzt fest, dass die Unterstützung zu niedrig ist (z.B. weil sich Strukturen wie die Tafeln bilden, die den Menschen etwas geben, was sie vermeintlich nötig brauchen um menschenwürdig überleben zu können, d.h. um Geld für Lebensmittel zu sparen und sie dann für andere Dinge ausgeben können, sei es Kleidung, Freizeitaktivitäten, Luxusgüter wie Zigaretten und Alkohol, Landschulfahrten der Kinder, Haustiere etc., alles Dinge, die für uns in Deutschland "normal" sind), bilden sich also solche Strukturen, dann müsste der Staat die Unterstützungssätze anpassen und solche Strukturen unnötig machen. Dann hätten die Tafeln also maximal eine überbrückende Funktion zwischen dem Erkennen des Missstandes und dessen Behebung und könnten sich dann wieder auflösen. Werden solche Ersatzstrukturen aber institutionalisiert, permanenent am Leben gehalten und sogar ausgedehnt (siehe Tiertafeln, Kindertafeln, Tafeln mit zugekauften Produkten...) dann besteht die Gefahr, dass der Staat sich damit einrichtet und den Bürgern vielleicht mal - überspitzt formuliert - sagt: Wenn Sie Ihre Lebensmittel bei der Tafel holen, dann reicht das Geld doch aus. Nur leider gibt es kein RECHT, bei der Tafel versorgt zu werden. Bricht diese Unterstützung weg (weil Tafel geschlossen oder der Mensch als nicht berechtigt gefunden oder oder), gibt es keine rechtliche Möglichkeit auf einen Ersatz oder so.

Um zu deiner Beobachtung zu kommen: Wenn die Armut zunimmt (wobei es per Definition immer Armut geben muss, denn als "arm" wird ja immer ein irgendwie durch sein Einkommen festgelegter Teil der Gesellschaft definiert, z.B. die untersten 10% in der Einkommensskala) müsste man eher darauf wirken, dass die Gesetze angepasst werden als Ersatzstrukturen zu schaffen. Siehe Montagsdemos kurz nach Einführung von Hartz IV oder per Klage überprüfen lassen, ob die Höhe der Unterstützung die Kriterien "menschenwürdig" und "Teilhabe an der Gesellschaft" erfüllt oder ob eine gesunde Ernährung mit den Sätzen für Kinder überhaupt möglich ist...

Ich gebe dir aber völlig recht, dass das ganz schwierig ist.
 
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Hallo,


hier in der Schweiz gibt es eine ähnliche Organisation - und es ist gut, dass es sie gibt.
http://www.cartonsducoeur-aargau.ch/index.php
Die Zielsetzung ist aber klar - es geht um kurzfristige, punktuelle Hilfe, nicht um Langzeithilfe bzw. Ergänzung des Sozialamts.
http://www.cartonsducoeur-aargau.ch/charta.php
Es wird aber auch gezielt und persönlich gesammelt - z.Bsp. von den Konfirmanden der Kirchgemeinde, die einen Aktionstag machen, und sich einen Tag vor den Supermarkt stellen und die Aktion vorstellen und die Lebensmittel entgegennehmen. Mein Jüngster war da auch schon dabei - es kamen immerhin knapp 700 Kilo Lebensmittel zusammen, keine Ausschussware.

Liebe Grüsse, Jacqueline
 
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Aber da drücke ich lieber dem Obdachlosen, der hier seine Zeitung verkauft und immer nett grüßt ein Brötchen in die Hand und fühl mich dann besser.

Wenn er es nimmt, ist es an der richtigen Stelle. Der Pilot hat schon einige Male sein Pausenbrot abgegeben oder Obst. Geld geben wir keines. Aber es gibt auf dem Arbeitsweg des Piloten exakt einen, der sich für Lebensmittel bedankt, alle anderen wollen nur Geld ...

Die Tafeln sollten lieber die Sachen den Rentern verteilen, die wirklich nach zig Jahren harter Arbeit kaum Rente bekommen. Das sind nämlich die Leute, die es gesundheitlich nicht schaffen sich in die Menschenmenge beim Ausgabeplatz hinzustellen und Sachen nach Hause zu schleppen.

Ich war noch nicht bei den Tafeln, weiß aber das z.B. alle unsere Abgaben vom Erntedankfest in der Kirche dorthin kommen. Nach dem, was du beschreibst, kann ich mir das gut vorstellen, dass es gerade für die Rentner schwer ist ...

Ansonsten kann ich mich Eos eigentlich nur anschließen: wenn wir alles in Eigenregie, ehrenamtlich und freiwillig tun, dann zieht sich der Staat mehr und mehr aus der Pflicht. Ich les hier aktuell z.B. von bürgerinitiierten Dorfpatroullien, wo ich mich frag wieso da kein Polizist ist. Aber ach, da spart man ja ein ...

Wir haben eine Zeitlang über einem Paar mit Kindern gewohnt, das auf Kosten des Staates lebte. Die bekamen jährlich ne Matratze fürs Bett des Kindes bezahlt, weil es nachts einnässte ... das Kind bekam aber nie eine neue, die letzte die es hatte war unsere alte durchgelegene, die wir in den Sperrmüll gegeben hatten. Der Mann hatte so viel Zeit und Geduld aufgewandt, alle möglichen Lücken im Gesetz zu finden, Widersprüche zu schreiben und Geld zu beantragen ...

Die Sache mit der Armut ist ein staatlich hausgemachtes Problem, denke ich. Ich werf mal Mindestlohn in den Raum. Ich kenne einige, die arbeiten Vollzeit und müssen zusätzlich staatliche Unterstützung beantragen, weil das Einkommen nicht ausreicht, um sich zu ernähren. Jobalternativen sind rar bis nicht vorhanden. Man ist ja froh, wenn man was hat.
 
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Solche "Futterboxen" für die Tafeln habe ich hier auch noch nicht gesehen. Bei Rewe gibt es immer mal solche 5-Euro-Tüten mit Ja-Produkten, da kann man eine kaufen und die geht dann an die Tafel. Ansonsten sehe ich hier immer den Lieferwagen von der Tafel fahren, der die Lebensmittel direkt von den Märkten bekommt.

Eine Bekannte von mir hat eine Zeitlang Lebensmittel von der Tafel bezogen, aber sie hat sich nie beklagt, dass es dort so einen Hauen und Stechen wäre. Sie hatten ihren zugewiesenen Termin, zu dem sie ihre Sachen abholen konnte, und an anderen Tagen hätte sie gar nichts bekommen. Ist wohl eine Frage, wie sich die jeweiligen Tafeln organisieren.

LG, Bella :blume:
 
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Ein bekannter von uns arbeitet bei der tafel.. Und wenn ich manchmal sehe was er uns dann noch an Massen vorbeibringt, weil es teilweise keiner will ist Wahnsinn... Wie oft haben wir schon Eintopf gemacht und hatten unendlich viel über. ...
Ich persönlich kenne aber auch nur die tierboxen
 
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Ein bekannter von uns arbeitet bei der tafel.. Und wenn ich manchmal sehe was er uns dann noch an Massen vorbeibringt, weil es teilweise keiner will ist Wahnsinn...

Ach das gibt es beim Essen auch? Ich dachte nur, das gäbe es bei Klamotten - nur Marke zählt und noName nimmt keiner ... Traurig.
 
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Ne Kleidung macht er nicht da sind teilweise Joghurts drin von sämtlichen bekannten und großen Marken Bis hin zu Fleisch und und und.... Keine Ahnung warum das keiner nimmt
 
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