AW: Fragliche Lehre Steiners/Rassismus!?
Tja, was soll ich sagen, ich kenne auch so zwei, drei, vier... Dutzend Leute, die die Waldorfschule besucht haben (wahrscheinlich sogar noch einige mehr)
Jesse, ich habe per Zufall den letzten Teil der Sendung auch gesehen. Und seit Jahrzehnten sind es immer wieder die gleichen Themen, die durch die Medien geistern. Genauso wie seit Jahrzehnten sich die gleichen Vorurteile wunderbar halten: In der Waldorfschule sind die neuen Technologien verpönt, die Waldorfschüler sind stofflich nicht auf der Höhe, Waldorfschüler werden durch irgendwelche Lehren Steiners beeinflusst, ach, was weiss ich alles, ich hab irgendwann aufgehört mir das anzuhören oder zu lesen.
Rassismusvorwürfe gegen Steiners Lehren sind nicht neu. Es mag sein, dass da einiges dran ist, ich weiss es nicht. Ich kann es nicht beurteilen, da ich mich nie mit Steiners Ausführungen zu irgendwas Beschäftigt habe und auch sonst mit diesen nie wirklich in Kontakt gekommen bin. Und das weder als langjährige Waldorfschülerin, noch als Elternteil (Kieselstein hat die ersten drei Schuljahre in einer Waldorfschule verbracht).
Waldorfschulen sind, zumindest in der Schweiz, selbstverwaltete Institutionen. Dort werden sie auch nicht staatlich subventioniert, sind dadurch aber auch relativ autonom (werden allerdings durchaus überprüft vom zuständigen Schulamt). Will heissen, jede Schule ist ein kleiner Mikrokosmos für sich. Diejenigen Schulen, die ich relativ gut kenne, haben in den letzten Jahren (einige) ganz viel Aufbruch erlebt, teilweise völlig neue Wege eingeschlagen und man merkt, dass dort ganz viel frischer Wind weht.
Nun ja, zwei Dinge möchte ich hie rnoch kurz erwähnen, um dem Ganzen einmal ein bisschen Gegengewicht zu geben: Obwohl ich nicht mehr wirklich jung bin, hatten wir damals Informatikunerricht. Ganz im Gegensatz übrigens zum Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Gymnasium in das ich nachher wechselte, um Matura zu machen ;-) Und der grösste Teil der Leute aus meiner Klasse, die danach studierten (Matura mussten wir aber an einem externen und staatlichen Gym machen, da die Waldorschulen nicht als Gymnasien anerkannt sind), haben ein naturwissenschafliches oder technisches Fach gewählt. Mag Zufall sein, keine Ahnung ;-)
Kieselstein wechselte nach der dritten Grundschulklasse von der Waldorfschule in die 5. Klasse staatliche Schule. Und setzte vom Stoff her genau dort an, wo er in der alten Klasse aufgehört hat (und nein, es lag NICHT an ihm, sondern die ganze Klasse war so weit).
Von daher kann ich dir nur eins empfehlen: Dir die Schulen (und auch das Kind) genau anzugucken. Den Mikrokosmos und auch die Menschen (Eltern, Lehrer) schon im Vorfeld kennenzulernen (es gibt ja sicher auch hier genügend Anlässe dazu).
Ach ja, rückblickend kann ich von mir sagen, dass ich eine absolut spannende und reichhaltige Schulzeit erlebt habe. Sie hat mich stark geprägt. Nein, nicht weil ich irgndwelche Theorien vorgekaut bekommen habe, sondern weil ich immer und immer darin bestärkt wurde, über dinge nachzudenken, sie hinterfragen durfte und dabei ernst genommen wurde.
Tja, dennoch besucht mein Kind heute keine Waldorfschule. Nein, nicht weil ich sie ablehne oder nicht gut finde, sondern weil dieses Kind etwas anderes gebraucht hat und braucht.
Lieben Gruss und falls du noch Fragen hast, einfach stellen.
L.
Oh, noch was vergessen: Wir hatten übrigens ganz normale Schulbücher. Genauso wie wir ein Bewertungssystem hatten: keine Noten, aber Punkte (die man durchaus in Noten umrechnen konnte *g*)