AW: Babysitter geht mit mit meinem Sohn in die Kirche
Sagt mal, lebt ihr alle in kleinen Papierkartons? Glaubt ihr eigentlich, eure Kinder gehen mit Scheuklappen durch die Gegend?
Kinder nehmen täglich auf, was um sie herum passiert. Ob das die Eltern von Freunden sind, die vor dem Essen beten, oder ein beiläufiges "Verflucht nochmal!", die Reaktion ihrer Eltern, wenn die Zeugen Jehovas klingeln, die alte Omi, die sich bekreuzigt, oder die Freunde im Kindergarten, die laut erklären, SIE dürften aber kein Schweinefleisch essen...
Ich bin nicht gläubig. Oder vielleicht besser, ich bin nicht kirchengläubig. Aber meine Kinder gehen in einen kirchlichen (evangelischen) Kindergarten, der auch Muslime und Buddhisten aufnimmt. Meine Kinder werden also ganz stark mit dem evangelisch-christlichen Glauben in Kontakt gebracht, kommen auch mit anderen Glauben in Kontakt. Vom Prinzip her finde ich das überhaupt nicht schlecht. Denn zum Einen leben wir hier in einer hauptsächlich christlich geprägten Gesellschaft, also sollten sie die Tabus und Glaubensgrundsätze dieser Gesellschaft auch kennen, um sich adäquat hier bewegen zu können. Und genauso sollten sie auch grundlegende Züge anderer Religionen kennen. Glücklicherweise kenne ich mich grob auch mit z. B. Judentum aus, und Google ist ja nur einen Klick weit entfernt.
Wenn meine Tochter mich aber fragt, ob ICH an Gott glaube, ist meine Antwort ein schlichtes "Nein". Sollte sie mal fragen, wieso nicht, werde ich ihr das entsprechend erklären. Fragt sie mich aber, warum wir Ostern feiern, bekommt sie genauso die Antwort, daß an diesem Tage Jesus wiederauferstanden ist. Ich bin ja auch christlich erzogen worden.
Ich möchte meinen Kindern später einmal die Wahl lassen, was und wie sie glauben. Daher lasse ich sie auch gerne vor dem Essen beten (nicht, daß sie es täten), wenn sie das brauchen. ICH allerdings werde NICHT beten, aber mich in der Zeit ruhig und respektvoll verhalten.
Was sektengläubige Menschen angeht, meine ich doch, daß man die "recht schnell" erkennt. Ich jedenfalls würde einen Babysitter doch erst einige Tage nicht alleine mit meinen Kindern lassen, sondern in der Nähe bleiben (Buch lesen etc). Und ich denke, meine Kinder würden mir recht schnell erzählen, wenn wirklich seltsame Dinge in meiner Abwesenheit passieren - einfach, weil sie so stark von unserer Routine abwichen.
Sieht man ja auch an deinem Sohn: für ihn war der Kirchenbesuch deutlich erwähnenswert. Was mir z. B. sagt, daß ihr keine fleissigen Kirchgänger seid.
Und was die Telefongespräch-Erklärung angeht: jede Generation hat ihre alltäglichen Gegenstände und Vorgänge genutzt, um Metaphysisches zu erklären. Früher hat man das Telefon vielleicht als "Sprachrohr" erklärt, durch das man ferne Menschen hören kann (und viele ältere Leute brüllen heute noch ins Telefon, weil man ja sonst nichts hört...). Daß man heute quasi umgekehrt erklärt, wie ein Gebet funktioniert, sagt ja doch ne Menge über unsere Gesellschaft aus, in der ein Telefongespräch alltäglicher ist als ein stilles Gebet.
Salat