Gedichte & Gedanken Vertauschte Weihnachten

belladonna

Tolle Kirsche
Mal was zum Schmunzeln zwischendurch - mein diesjähriger Beitrag zum Büchereulen-Adventskalender! :-)

LG, Bella




Vertauschte Weihnachten


„Oh du fröhliche!“, seufzte der Weihnachtsmann und blickte missmutig in den Spiegel. Von Jahr zu Jahr wurde er deprimierter, wenn es auf Weihnachten zuging, und das Aufstehen fiel ihm von Morgen zu Morgen schwerer. Dabei war ihm sein Beruf früher eine wirkliche Berufung gewesen, doch in den letzten Jahren hatte er zunehmend Schwierigkeiten, überhaupt noch etwas Positives an seinem Job zu sehen.

Dass sein ehemals prachtvolles Gewand einer Werbekampagne zum Opfer gefallen war und die überwiegende Mehrheit der Menschen mittlerweile von ihm erwartete, in einem rotweißen Kostüm aufzutreten, als sei er der Generalvertreter irgendeiner Sprudelbrause, konnte er gerade noch verschmerzen; das hatte seinen Freund, den Bischof Nikolaus, wesentlich härter getroffen ebenso wie Knecht Rupprecht, den Gehilfen des Bischofs, für den sich kaum noch jemand interessierte. Soweit der Weihnachtsmann wusste, hatte der alte Krampus sich inzwischen zurückgezogen und, um seine karge Rente aufzubessern, einen Online-Shop aufgemacht, wo er seine Ruten als Sexspielzeug verkaufte. Man munkelte, dass er sich seit „Shadesof Grey“ vor Anfragen kaum noch retten konnte und das Geschäft seines Lebens machte, aber etwas Genaues wusste keiner. Es war wirklich deprimierend: kaum jemand glaubte noch an seine Kollegen und ihn, und mehr als einmal war es ihm passiert, dass die Empfänger der Geschenke ihn für den verkleideten Zusteller eines Paketdienstes hielten und fragten, wo sie denn unterschreiben sollten.

Der Weihnachtsmann seufzte erneut. Nicht nur, dass er sich mit der Kommerzialisierung seiner Person abfinden musste, sein dicker Pelzmantel und die Mütze waren ihm oft viel zu warm! Infolge des Klimawandels herrschten um Weihnachten in vielen Gegenden der Welt eher frühlingshafte Temperaturen und es fiel kaum noch Schnee – kein Wetter für einen dick vermummten Weihnachtsmann! Überdies war ein Reisen auf Kufen kaum noch möglich und er musste beinahe überall die Räder unter seinen Schlitten montieren. Auch die Rentiere in ihrem dicken Winterfell litten unter der zunehmenden Erwärmung und er musste auf seiner Fahrt wesentlich mehr Pausen machen, damit die Tiere sich abkühlen und etwas trinken konnten. Was das wiederum für sein Überstundenkonto bedeutete, darüber dachte er lieber gar nicht erst nach.

„Am liebsten würde ich mit dem Osterhasen tauschen!“, dachte der Weihnachtsmann und rührte missmutig in seinem Tee. „An Ostern ist es oft noch so kalt, dass sich der Osterhase Frostbeulen an den Zehen holt – da wäre meine Kleidung doch viel passender! Außerdem fände ich es auch mal lustig, Geschenke zu verstecken, statt sie einfach nur unter den Weihnachtsbaum zu legen.“
Der Gedanke ging ihm nicht mehr aus dem Kopf und beim nächsten Skatabend mit dem Osterhasen und dem Christkind brachte er das Thema zur Sprache. „Wie, du willst mit mir tauschen?“, fragte der Osterhase verblüfft. „Wie soll das denn funktionieren? Ich passe weder in deine Klamotten noch kann ich einen Schlitten lenken. Und wo soll ich so schnell die ganzen Eier hernehmen? Die Hühner werden nicht begeistert sein, wenn sie so kurzfristig noch Sonderschichten fahren sollen!“ „Und was wird mit mir?“, meldete sich das Christkind zu Wort. „Soll ich auch ausgetauscht werden? Ich bin mit meinem Job eigentlich ganz zufrieden!“ „Du darfst ja auch ein dünnes Kleid anziehen und wirst nicht als Werbefigur für Koffeinbrause missbraucht!“, konterte der Weihnachtsmann. „Und so viele Eier brauchen wir ja gar nicht, es gibt genug Weihnachtssüßigkeiten zu verteilen.“ Alle versanken in nachdenkliches Schweigen.

„Also“, meinte der Weihnachtsmann nach einer Weile, „es ist doch eigentlich ganz einfach, denn im Grunde machen wir ja fast die gleiche Arbeit. Dass du keinen Schlitten lenken kannst, ist auch kein Drama; meine Rentiere sind ein eingespieltes Team und für die Route programmiere ich dir mein Navi. Da kann echt nichts schiefgehen! Außerdem fährt das Christkind mit, das kennt sich auch aus.“ „Hmm“, machte der Osterhase, immer noch skeptisch. „Und schau mal“, redete der Weihnachtsmann weiter, „in manchen Wohnzimmer warten sogar Kekse und Milch auf dich, das kriegst du an Ostern nicht!“ „Ich bin Veganer!“, knurrte der Hase. „Ach komm schon, sei doch nicht so! Schau mal, was meinst du, was die Menschen für Gesichter machen werden, wenn sie ihre Weihnachtsgeschenke plötzlich suchen müssen? Das wäre doch echt witzig!“ „Au ja, das kann ich mir auch lustig vorstellen!“, meinte das Christkind, „und außerdem trinke ich ganz gerne Milch.“ Der Osterhase gab sich geschlagen: „Na gut, aber die Hühner müssen wir trotzdem fragen!“ „Kein Problem!“, entgegnete der Weihnachtsmann, zückte sein Smartphone und schrieb eine WhatsApp in die Hühnergruppe. Sofort kam jede Menge aufgeregtes Gegacker zurück, die Hühner fanden die Idee klasse. Ihnen wäre vor Weihnachten sowieso immer langweilig und es wäre sicher nett, statt der ewigen Strohsterne zur Abwechslung mal Weihnachtsnester aus Stroh zu basteln. Wie viele Eier sie besteuern könnten, müssten sie noch sehen, sie würden ihr Möglichstes tun. „An den Eiern soll es nicht scheitern!“, sagte der Weihnachtsmann zufrieden, „Es reicht, wenn die Menschen sich Weihnachtsstress machen!“

Die nächsten Tage waren von hektischer Betriebsamkeit geprägt. Die Hühner legten Eier im Akkord und der Osterhase, der Weihnachtsmann und das Christkind bemalten sie mit weihnachtlichen Motiven. Außerdem musste der Osterhase lernen, den Rentier-Schlitten zu lenken, den der Weihnachtsmann vorsichtshalber gleich mit Rädern ausgestattet und mit einem zusätzlichen ABS- und Stabilisatorensystem ausgerüstet hatte.

Dann kam der Heilige Abend. Das Wetter war wie erwartet frühlingshaft mild mit Temperaturen im zweistelligen Bereich und Sonnenschein. Als der Weihnachtsmann dem Osterhasen die Tür öffnete, traf ihn beinahe der Schlag: der Osterhase hatte sich ein „Weihnachtsoutfit“ zugelegt, bestehend aus einem roten Anzug mit weißem Kunstpelzbesatz an den Ärmelaufschlägen und einer roten Kappe, ebenfalls mit weißem Pelzbesatz auf dem Schirm. Dazu trug er eine verspiegelte Pilotenbrille. Neben ihm stand das Christkind, das sich als Weihnachtsküken verkleidet hatte. „Oh du fröhliche…“, murmelte der Weihnachtsmann, „Wenn das mal gut geht!“ Die drei beluden den Schlitten mit all den Geschenken und Weihnachtsnestern für die Kinder sowie einem großen Proviantrucksack für den Osterhasen und das Christkind. Der Weihnachtsmann schirrte die Rentiere an, sprach ihnen noch einmal gut zu und dann ging es los. „Alle Jahre wieder kommt der Weihnachtshas‘…“, sangen der Osterhase und das Christkind, während der Schlitten sich in den Himmel erhob und langsam immer kleiner wurde, ehe er am Horizont verschwand.

„Na denn mal fröhliche Weihnachten!“, brummte der Weihnachtsmann und ging ins Haus zurück. Er kochte sich, den warmen Temperaturen zum Trotz, einen großen Pott Tee mit Rum und machte es sich vor dem Kamin gemütlich, um auf die Rückkehr der anderen zu warten. Kurz darauf schnarchte er in seinem Ohrensessel friedlich vor sich bin, bis er Stunden später von einem Geräusch geweckt wurde. Er konnte es erst nicht zuordnen, aber als er vor die Haustür trat, sah er seinen Schlitten, der langsam in Schlangenlinien durch den Abendhimmel flog, während der Osterhase sturzbesoffen „Am Weihnachtsbaume die Eier hängen…“ und „Fips der kleine Weihnachtshase“ grölte. Holpernd setzte der Schlitten auf und der Weihnachtsmann nahm seine erschöpften Rentiere in Empfang. Er brachte sie gleich in den Stall, wo er ihnen eine Extraportion Heu und Mohrrüben vorsetzte, damit sie sich von den Strapazen erholen konnten. „Allesch paletti!“, lallte der Osterhase, „und fröhlische Woschtern!“ Er wankte ins Haus, ließ sich aufs Sofa fallen und schlief sofort ein. Das Christkind, das anders als der Osterhase unterwegs nur Milch getrunken hatte, saß noch lange mit dem Weihnachtsmann in der Küche und erzählte ihm von der aufregenden Weihnachtsnacht: Wie sie die Geschenke versteckt hatten, wie der Osterhase einmal beinahe mit einem besonders sperrigen Paket im Kamin steckengeblieben war und wie der Hase in England und Schottland viele Haushalte am liebsten zweimal beschert hätte, weil ihm der Whiskey so gut schmeckte, den ihm die Menschen zusätzlich zu Milch und Keksen hingestellt hatten. „Darum ist er auch so blau!“, lachte das Christkind, „Der ist einfach nichts gewohnt! Du hättest mal die Lieder hören sollen, die er unterwegs gesungen hat – die Rentiere hätten sich beinahe geweigert, ihn wieder mit nach Hause zu nehmen!“ „Na, jetzt haben wir es ja geschafft!“, antwortete der Weihnachtsmann, „und ich bin mir sicher, ihr habt das ganz super gemacht!“ „Ja, das denke ich auch!“, meinte das Christkind zufrieden, „auf jeden Fall war es ein großer Spaß!“ Es steckte sich noch ein letztes Weihnachtsschokoladenei in den Mund und verschwand hundemüde ins Gästezimmer. Der Weihnachtsmann räumte noch ein bisschen auf, löschte das Licht und dann ging auch er ins Bett.

Die Menschen jedoch wunderten sich sehr, als sie zur Bescherung in ihre Wohnzimmer kamen und feststellten, dass sie ihre Geschenke erst einmal suchen mussten, ehe sie sie auspacken konnten. Dafür lagen in den Weihnachtskrippen kleine Leckereien versteckt und in den Zweigen der Christbäume hingen Nester mit weihnachtlich bemalten Eiern. „Verkehrte Welt!“, murmelten einige und fragten sich, ob das wieder irgendein neuer Marketing-Gag war. Die Kinder jedoch freuten sich, denn für sie war es diesmal einfach eine ganz besondere Bescherung – eben wie Weihnachten und Ostern zusammen!
 
Einen kleinen Nachtrag wo wir schon mal beim Tauschen sind:


Es war einmal ... ein ganz normaler Weihnachtsabend in einer ganz normalen Familie. Alle waren da: Oma, Opa, Mama, Papa, zwei Kinder. Und natürlich Geschenke.


Standardgeschenke. Doch an diesem besonderen Weihnachtsabend hatte ein ganz besonderer Weihnachtswichtel die Adresse dieser Familie zugeordnet bekommen: Wichtel Edeke – ein sehr ehrgeiziges Wichtelkind und noch dazu ziemlich gewitzt und kreativ. Kein Weihnachtsauftrag war ihm zu schwierig, kein Kinderwunsch zu ausgefallen.

Nur zur Erklärung: Jeder Haushalt bekommt zu Weihnachten Besuch von einem Weihnachtswichtel. Natürlich kann man diese Wichtel nicht sehen, doch oft sind sie ganz hilfreich, greifen ein, wenn zu Weihnachten ein Streit zu eskalieren droht, sorgen für Stimmung, wenn es zu fad wird, oder helfen vielleicht schon im Weihnachts-Vorfeld mit, ein Geschenk in letzter Minute zu finden.

Wichtel Edeke war dieses Weihnachten also bei den Meiers eingeteilt. Es war sein erstes Weihnachten bei den Menschen und er wollte sich für die Familie Meier etwas ganz Besonderes einfallen lassen.

Im großen Weihnachtswichtelbuch stand geschrieben:
Familie Meier
Ziemlich normale Familie. Zu Weihnachten
ist es immer etwas fad bei den Meiers. Die Er- wachsenen bekommen meistens dieselben Sa- chen geschenkt. Keine besonderen Vorkomm- nisse. Einmal verbrannte ein Christstollen in der Vorweihnachtszeit, das wurde von Mutter Erna jedoch nicht bekannt gegeben.


Auch heuer drohte es wieder ein sehr langweiliges Weihnachtsfest bei den Meiers zu werden. Wie jedes Jahr gab es eine kalte Platte und als Nachspeise Christstollen und Kekse, dazu koffeinfreien Kaffee, für die Kinder Kakao.

Die Geschenke lagen schon unterm Weihnachtsbaum und die Familie Meier war bereit für die Bescherung. Da kam Wichtel Edeke die rettende Idee! Mit seinen Wichtelkräften vertauschte er einfach die Geschenke und wartete gespannt auf die Reaktionen der Meiers.

Die Kinder durften ihre Geschenke zuerst auspacken. Das siebenjährige Gretchen staunte nicht schlecht über Stofftaschentü- cher mit Monogramm. Nur, dass das Monogramm ein „K“ darstellte, (für Oma Klara) und kein „G“ für Gretchen. Doch Gretchen freute sich trotzdem sehr über die Stofftaschentücher. Endlich hatte sie ein Tisch- tuch-Set für ihren Barbie-Haushalt, und wem die Tischtücher gehörten, war natür- lich auch ganz klar, Barbies Mann Ken! Dieser würde sich sicher auch sehr freuen über neue Tischwäsche mit seinem persönlichen Monogramm.

Die erwachsenen Meiers waren alle so mit sich selbst beschäftigt, dass es ihnen gar nicht auffiel, wie Gretchen mit ihrem Geschenk ins Kinderzimmer zum Spielen abbog.
Nun war der zehnjährige Bernhard an der Reihe. Sein Geschenk war auch ein biss- chen eigenartig. Ein weißes, fein gestreiftes Nachthemd mit ziemlich langen Ärmeln oder war es doch ein Longshirt? Besser nicht nachfragen, dachte er. Auch er verzog sich schnell in sein Zimmer, probierte das coole neue Kleidungsstück an, krempelte die Ärmel hoch und fand, dass ihm das Ding ziemlich gut stand.

Mama Erna packte als Nächste aus. Ein Plüschtier. Oh, wie nett, dachte sie, schon lange hatte sie kein Plüschtier mehr geschenkt bekommen, und es sich zu wün- schen, traute sie sich auch nicht, sie war ja kein Kind mehr. Der Teddy, den sie jetzt im Arm hielt, erinnerte sie doch sehr an ih- ren Plüschbären aus der Kinderzeit. So ein schönes Geschenk!

Opa Franz fand eine riesige Schachtel Pralinen für sich unter dem Christbaum und strahlte über das ganze Gesicht! Schon lange durfte er keine Süßigkeiten mehr es- sen, doch heute würde er wohl eine Ausnahme machen!

Oma Klara war an der Reihe. Sie packte ein Malbuch aus und strahlte ebenso. Das Malen war ihr früher eine große Freude ge- wesen, doch mit ihren zittrigen Händen hat- te sie sich schon lange nicht mehr getraut. Mit den vorgezeichneten Motiven würde ihr das Malen nicht mehr schwerfallen, und Buntstifte waren auch noch dabei!

Auch Papa Gerhard wickelte nun sein Paket aus und konnte sein Glück kaum fas- sen. Eine Carrera-Rennbahn! Der Traum seiner Kindertage wurde endlich wahr! So- fort wurde die Rennbahn aufgebaut und mit dem Spielen begonnen. Sohn Bernhard durfte natürlich mitspielen, sein neues Longshirt trug er dabei mit Stolz.

Wichtel Edeke hatte ganze Arbeit geleis- tet, denn alle Familienmitglieder hatten eine große Freude mit ihren Geschenken. Natürlich wissen Wichtel besser über uns Bescheid, als wir denken, denn wie sonst hätte er ahnen können, wer mit welchem Geschenk am meisten Freude hätte.

Auf alle Fälle bekam Wichtel Edeke von seiner Wichtellehrerin ein dickes, fettes Plus im Weihnachtsbuch eingetragen. Und die Familie Meier sprach noch lange über dieses Weihnachten mit den seltsamen Ge- schenken, jedoch kam keiner auf die Idee, die Geschenke zu tauschen, jeder fühlte sich reich beschenkt und war überglücklich über die unüblichen Geschenkideen.
 
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