Trauernde Kollegin - Eure Meinung erwünscht

Krabbelkaefer

Hier riechts nach Abenteuer
Hallo ihr Lieben,

im Grunde meines Herzens habe ich meine Entscheidung eigentlich getroffen, aaaaber ...
Genau, wenn dieses "aber" nicht immer anklopfen würde ...

Folgendes: Eine Kollegin im Landesverband (ich arbeite im Kreisverband) hat letzte Woche ihren Vater verloren. Ich arbeite gerne mit ihr zusammen, und möchte ihr gerne auf ihrem Weg beistehen. Bisher waren unsere Kontakte aber rein beruflich - private Infos flossen zwar, aber so richtig nahe waren wi uns eigentlich noch nicht.
Jetzt war ich mit ihr auf einem Seminar, und aus dem, was sie auf der Autofahrt direkt und indirekt erzählt hat, habe ich rausgehört, dass ich ihr gerne auf ihrem Trauerweg beistehen würde. Ich habe das Wissen und eigentlich auch die Kraft sie zu begleiten.
So - jetzt aber ... Wie gesagt, unser Kontakt war bisher nicht so eng - und mein Kopf fängt an zu zweifeln ... "was hat das für Auswirkungen auf unsere berufliche Beziehung" und noch einiges mehr - abgesehen davon, dass ich mich nicht bei ihr aufdrängen will, nur weil ich Wissen habe dass ihr weiter helfen kann -> damit sie wiederum ihre Mutter stützen kann die gesagt bekommen hat, dass eine psychologische Begleitung noch ein Jahr dauert.
Ich meine heute von meiner Kollegin schon einen deutlichen Hilferuf vernommen zu haben ("ich fühle mich manchmal ganz schön überfordert") - bin mir aber nicht so sicher und traue mich aber nicht so recht auf sie zu zu gehen.

Ich fände es total schön, wenn mir diejenigen die selbst durch einen Trauerweg gehen mussten einmal per PN (oder gerne auch hier im Forum) schreiben könnten, wie Ihr Euch Reaktionen von Kolleginnen gewünscht hättet. Fiktiv auch: Welche Erwartungen hättet ihr an Kolleginnen von denen ihr wisst, dass sie über Trauerbegleitung ein wenig Ahnung haben.

Für mich wäre es hilfreich um mich in meinem Entschluss zu stärken auf sie zu zu gehen (ich stelle mir einen lieben Brief vor), oder auch ggf. geduldig zu sein und einfach nur da zu sein. Ganz alleine lassen möchte und werde ich sie nicht ... dafür arbeite ich zu gerne mit ihr zusammen und mag sie auch viel zu gerne :jaja:

:rose: Ich bin wirklich Dankbar über Eure Gedanken und Reaktionen ... natürlich auch von denjenigen die noch keine nahen Angehörigen verloren haben.

Liebe Grüße
Martina
 
Hallo Martina!

Für mich war "reden können" das wichtigste. Ich hatte das Glück, daß mir viele Menschen zugehört haben, ohne große Kommentare.

Miteinander schweigen ist auch eine Möglichkeit.

Es kommt halt auch auf die Verfassung deiner Kollegin drauf an. Hör einfach zu, was ihr gerade wichtig ist.

Wenn du von Trauerbegleitung ein bißchen Ahnung hast, wird es dir bestimmt nicht schwer fallen.

Ich wünsche dir alles Gute für diese Zeit
und liebe Grüße von hildegard
 
Hallo Martina,

ich möchte dir mal meine Erfahrungen von meinen Kollegen erzählen, als meine Mutter vor 8 Jahre plötzlich verstarb. :-(

Es ging bei meiner Mama ganz schnell. Donnerstag Abend kam sie ins Krankenhaus. Freitag ging ich ziemlich aufgelöst zur Arbeit. Gegen 9 Uhr rief mein Papa an, dass ich ins KKH kommen sollte, es ginge wohl zu Ende.
Ich noch aufgelöster, konnte nicht mal meinen Mann (gamals Freund) auf der Arbeit anrufen, denn ans Auto fahren war nicht zu denken.
Meine direkte Kollegin, zu der ich damals rein beruflichen Kontakt hatte, übernahm das. Sie entschuldigte mich auch bei meinem Vorgesetzten. So "floh" ich aus der Firma.
Freitag starb meine Mama.
Als ich Montags wieder auf die Arbeit kam, wurde ich sofort von mehreren Kollegen gefragt, wie es meiner Mutter ging. Als ich erzählte, reagierten fast alle spontan, nahmen mich in den Arm oder kondulierten mir.
Ich erinnere mich an eine Kollegin, die mich nur anstarrte und nichts sagte. Daran habe ich mich sehr gestossen. Das geht mir nicht mehr aus dem Kopf. So wollte ich nieemals werden. Mit dem Tod umzugehen, kann man lernen.
Meine damals direkte Kollegin hat mir sich seit dem Ereignis
sehr angenommen. Wir verbrachten jede Pause miteinander. Ich war ihr sehr dankbar dafür :rose: Die Arbeit hat nicht darunter gelitten, im Gegenteil, wir wurden ein unschlagbares Team.
Heute ist sie einer meiner besten Freundinnen. Sie hat ein Kind im gleichen Alter und wir haben regen Kontakt.

Du wirst das richtige tun. Im Grunde weisst du ja auch, dass du für sie da sein willat.
Wenn ihr guten Kontakt habt, dann brauchst du auch keinen Brief schreiben und es auch nicht zu betonen, daß du für sie da bist. Sie wird es merken. Durch dieses Ereignis wurden ihre Antennen geschärft, sie merkt es ganz von wer es ernst meint.

Liebe Grüße
Sabine
 
Einfach da sein, kann schon sehr hilfreich sein.

Ich verlor meinen Paps kurz vor Ende der Ausbildung, kurz vor der Abschlußprüfung. Mit den Kollegen hatte ich losen Kontakt, aber rein beruflich. Die Nachricht kam damals überraschend, unerwartet und nahm mir den Atem. Meine Kollegen waren da, fingen mich auf. Ich erfuhr es abends, ging am darauffolgenden Tag zur Arbeit, hatte aber bereits am Abend in der Personalstelle um Urlaub gebeten (zufällig war die Dame noch da als ich anrief). War nur da, um mich mit dem Abteilungsleiter abzusprechen. Die Abteilung war bereits informiert, ich bekam heißen Tee, Bonbons in die Tasche und von einer Kollegin sogar die Nachhausefahrt bezahlt (war in Hamburg, 350 km von zu Haus entfernt - nach Hause war finanziell nur alle vier Wochen drin.)

Als ich wieder da war, tat es gut, wenn jemand zuhörte und Rat wußte. Oder einfach nur nix sagte und mich reden ließ.

Wenn du helfen willst und einen Hilferuf bekommst, dann handle nach deinem Herzen. Was deine Kollegin an Trauerarbeit bewältigen muß, ist enorm, besonders wenn sie noch für ihre Mutter da sein muß (ich konnte das damals aufgrund der Entfernung nicht und hatte so mehr Luft als manch anderer). Sei für sie da, wenn du das möchtest. In welcher Art und Weise sie dich braucht, ob nur zum Zuhören oder als Ratgeber, das wird sich zeigen.

Es ist schön, dass es Menschen wie dich gibt!

sagt
Andrea
 
:rose: Danke Euch für das, was ich im Grunde hören wollte.
Der neueste Stand der Dinge hört sich nicht gut an. Ihre Mutter ist in der Psychatrie, da aktute Lebensgefahr besteht. Da dies mit schon den Atem nimmt, möchte ich gar nicht wissen, wie es bei meiner Kollegin ausschaut.
Aber ich werde wohl die Woche nochmal zum Landesverband fahren und hören wie es ihr geht!

Liebe Grüße
Martina
 
Hab Deinen Beitrag gerade erst gelesen...

Du hast Dich ja schon entschieden, aber ich wollte noch sagen: Die meisten Trauernden sind dankbar, wenn man sich "kümmert". Eben nicht wegschaut. Sie wollen reden - udn falls sie das nicht können, wollen sie trotzdem jemand haben, wo sie das Gefühl haben, sie könnten, wenn sie wollten...

Und wieso sollte sich das auf Eure berufliche Beziehung auswirken? - Ich meine jetzt negativ?

daß Du bisher nicht soo engen Kontakt zu ihr hattest, ist nicht so wichtig, Trauerzeit ist auch immer eine Umbruchphase, wo sich Freund- und Bekanntschaftskreise verändern.

Ich wünsche Dir viel Erfolg... - daß Du es kannst, bezweifle ich nicht, und ihr tut es bestimmt gut!

:bussi: und meld dich mal...

Conny
 
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