Buchstabensalat
Lebenskünstlerin
Heute war Laternenbasteln mit der Mittleren bis 18:00 Uhr. Klar, daß der ganze Abendablauf darunter leidet und es diese Woche mal wieder! nichts mit meinem Zeichenkurs bei der VHS wird. Ist ja *nur* das dritte Mal von 11 Abenden. Kostet ja auch *nur* fast 60 €, aber was will man machen, wenn die Kinder eben erst um 20:00 Uhr im Bett sind und nunmal noch *nicht* schlafen. Klar, daß man um halb Neun nicht mehr hinfährt, wenn der Kurs eh um 21.45 zu Ende ist.
Also die Kinder einfach ohne Druck ins Bett gebracht, vorgelesen, den ganzen Sermon abgespult.
Nochmal beide Großen aufs Klo geschickt, aber, wie die Mittlere beteuert, SIE war ja gerade erst und muß nicht.
Na gut.
Singen, Küssen und Licht aus später geht die Mama aus der Tür. Wird von der Mittleren zurückgerufen:
"Maaamaaa, wir müssen noch den Zauberspruch sprechen."
Ach ja. Die Große macht ja nachts noch öfters ins Bett, und da bringen wir abends immer den Spruch, der die "Mäxe" aufwecken soll - den einen, der auf die Blase aufpaßt und den zweiten Max weckt, wenn sie voll ist. Der zweite Max weckt dann das Kind, denn - jedes Kind ist selbst fürs Aufs-Pipi-Aufpassen zuständig, wenn es wach ist, aber wenn es schläft, dann machen das die Mäxe.
Und die Mittlere hat erst gestern mittag beim Mittagsschlaf Mamas Bett eingenäßt. Was ja nicht weiter schlimm gewesen wäre, WENN nicht die Große nachts rübergekommen wäre, um bei Mama zu schlafen.
Und so um 5 Uhr morgens die Mama durch das einnässende Kind wach geworden wäre.
Und somit das ganze Bett komplett (bis auf die Decke) abgezogen werden mußte.
Und wegen der letzten zwei nassen Vorkommnisse sämtliche, und ich meine wirklich sämtliche wasserfesten Moltontücher in der Wäsche wären.
Und also das Mama-Bett somit nur durch eine viel zu kleine Gummiunterlage vor eventuellen Bächen der mittagschlafhaltenden Mittleren geschützt gewesen wäre.
Und die Mittlere natürlich heulend und naßgepillert wach wurde, sich todunglücklich von der Pfütze (über der Gummiunterlage) entfernte und den kleinen Rest des Geschäftes (natürlich) NEBEN der Unterlage beendete.
Was umgehend die bis dato verschonte Bettdecke der Mama UND den Matratzenschoner UND das neue Bettlaken in die sowieso schon überlastete Waschmaschine expedierte.
Und selbige Mittlere abends *wieder* einmal entgegen mehrfachen Verbotes der Mama fröhlich im Gitterbett der Kleinen herumturnte, anstatt den Schlafanzug anzuziehen, und plötzlich mit zumindest einiger Betroffenheit feststellte:
"Oh, ich hab Pipi gemacht."
Und *natürlich* ist das Bett der Kleinen wegen ständigen Tragens von Windeln *überhaupt* nicht gegen Nässe von oben geschützt, somit die Matratze eingepillert, das Gitterbett unbenutzbar und ein Reisebett im Kinderzimmer aufgeschlagen.
Das sollte ja eigentlich für einigen Ärger reichen.
Aber, im Zuge des üblichen wieder mal anrollenden "Ich-geh-aber-nicht-ins-Bett"-Gehabes erwähnter Mittlerer kam sie gestern Abend heraus, um mir irgendwelche wichtigen, das Einschlafen verzögernden Dinge mitzuteilen.
Woraufhin ich sie ins Bett zurückschickte, mit Küßchen und kuscheln und einvernehmlicher Verabschiedung.
Und sie wieder rauskam.
Und ich sie ins Bett zurückschickte, diesmal ohne Küßchen und kuscheln und einvernehmlicher Verabschiedung.
Und sie zwei Minuten später WIEDER rauskam, um mir mitzuteilen, daß sie ins Bett gemacht hatte.
Vor diesem Hintergrund also atme ich tief durch und gehe ins Kinderzimmer zurück, um mit den beiden Großen den Zauberspruch leise zu intonieren - die Kleine schläft schon.
"Wer Pipi muß, geht raus, macht sein Pipi und geht sofort wieder ins Bett", mahne ich noch zum Schluß.
Und verteile nochmal zwei Küßchen, verlasse den Raum und begebe mich ins Wohnzimmer.
Ungefähr eine Minute später ruft mich die Mittlere, die im Flur steht und freudig grinst.
"Mama, ich hab ins Bett gemacht", lacht sie.
...
"Du hast - was?" hauche ich, nachdem mein Herz seine Tätigkeit wieder aufgenommen hat.
"Ich hab Pipi gemacht", grinst sie weiter, so erfreut, als sei das ihr besonderes Geschenk an mich.
Und betritt das Bad, um die nasse Hose auszuziehen und alle Anstalten zu machen, in die Badewanne zu steigen. Denn nach Einnässen, so unser normales Verfahren, wird das Pipi in der Badewanne abgewaschen, man abgetrocknet, das Bett bezogen - und das kostet natürlich alles Zeit.
Mama hyperventiliert noch, greift sich dann das Kind und zieht ihm schimpfend und fauchend eine Windel an. Bezieht ähnlich schimpfend und spuckend das Bett mit dem gerade gewaschenen Bettlaken neu, hat wieder kein trockenes Moltontuch zur Hand und verspricht Tod und Teufel für den Fall, daß die Mittlere es wagt, ihre Windel auszuziehen.
Die sitzt auf dem Boden und nickt, leicht eingeschüchtert durch das wirklich eindrucksvolle Spektakel der wütigen Mama. Allerdings nicht so eingeschüchtert, daß sie nicht in den Flur rutschen und mir grinsend nachgucken könnte, als ich das Laken hole.
Neue Bettdecke auf das Bett knallen und das Kind ins Bett stecken, fertig.
Ins Wohnzimmer gehen und tief durchatmen, Sachen greifen und beschließen, zur Wutverarbeitung etwas zu malen.
Kaum bin ich auf dem Dachboden, höre ich unten jemanden herumhuschen.
Ich sause die Treppe hinunter und erwische die Mittlere im Bad.
"Mama, ich habe einen Popel..." beginnt sie noch, da wirbelt sie Tornado Mama hinweg in ihr Bett, komplett mit Klopapier für Nasenreinigungsaktionen.
Sie steckt heulend im Bett, mir ist ebenfalls nach Heulen zumute - möglicherweise aber auch nach Schreien, Toben und Zähneklappern. Ein Wunder, daß die beiden Schwester bei dem Lärm, den die Mittlere veranstaltet, nicht aufwachen.
Ich atme tief durch, da höre ich, wie die Lärmquelle sich vom Bett in den Flur bewegt.
Wieder die Treppe hinunter, und da steht sie, verheult und schluchzend, und will ihren Papa.
Stattdessen wieder Tornado Mama, der sie ins Bett wirbelt und ihr beim Rausgehen so ruhig wie das Auge des Sturms ankündigt:
"Es ist Schlafenszeit. Du bleibst im Bett! Kommst du noch einmal raus, dann schließe ich diese Tür!"
"Ich will Papa..." tönt es nochmal weinerlich zurück.
"DER - IST - NICHT - DA!" quetsche ich aus mir heraus und ziehe die Tür wieder bis auf den üblichen Spalt zu.
Und nach fünf Minuten verebbt auch das letzte Weinen.
Jetzt warte ich nur noch darauf, daß sich auch mein Herzschlag weit genug beruhigt hat, daß ich ihn mit Rotwein wieder hochjagen kann, während ich mich beim Opa auskotze.
adrenalinüberströmt,
Salat