Buchstabensalat
Lebenskünstlerin
*** und ** haben die Grippe.
Nicht irgendeine, nein, unser aller Lieblingsgrippe: Magen-Darm-Grippe.
Während man bei der Feld-Wald-Wiesengrippe ja "nur" mit fiebrigen, quengeligen Kinderchen zu kämpfen hat, die ihr Lieblingsessen zwar jetzt gerade nicht essen wollen (obwohl es vor fünf Sekunden noch im Ton von "JETZT, oder ich sterbe gleich" angemahnt wurde), dafür aber in aller Regel eine Menge Zeit schlafend verbringen, bevor sie dann in der Rekonvaleszenz endgültig kurz vor dem gewaltsamen Tod stehen, weil sie sich nicht für eine Tätigkeit entscheiden können -
Ja, also im Gegensatz zu dieser äußerst einfachen, fast entspannenden Krankheit hat man bei der Magen-Darm-Grippe ja noch die unglaubliche Freude, in regelmäßigen Abständen den Boden aufwischen zu dürfen.
Oder das Bett neu zu beziehen.
Oder das Kind neu zu bekleiden.
Oder das Sofa abzufeudeln.
Sofern man nicht gerade neben dem Kind hockt und es mit Engelszungen dazu überreden möchte, von dem eklig süß-salzigen Elektrolyt-Schlabber doch bitte, bitte wenigstens ein winziges Schlückchen zu nehmen.
Oder eine klitzekleine Salzstange zu knabbern.
Oder einen Zwieback zu mümmeln.
Oder einen ganz unbedeutenden Löffel geriebenen Apfel.
Und NEIN, Milch gibt es ganz bestimmt nicht.
Auch keine Butter aufs Brötchen.
Morgen, vielleicht.
Wenn man dann abends rechtschaffen erschöpft ins Bett sinkt, denkt man kurz vor dem Wegsacken vielleicht noch gerade daran, daß man sich ja zwei, drei der frischen Bettlaken hinlegen wollte, zusammen mit der Ersatz-Bettdecke (und der zweimal gefalteten Wolldecke, denn wenn die Ersatzdecke auch begöbelt ist, was tut man dann?). Ist natürlich alles zu spät, denn die Glieder sind plutoniumschwer und überhaupt ist man sowieso schon eingeschlafen. Bis dann - meist so gegen halb drei, oder eine Stunde, bevor der Wecker klingelt, vorzugsweise sowieso beides - der Ruf ertönt (in angemessener Panik und Verzweiflung): "MAAAAAAAAAAAAA aaaaaaaaaa maaaaaa..." (verklingend in hoffnungsloser Verzweiflung - Mama ist die letzten 10 Male schon gekommen, da wird sie jetzt natürlich nicht kommen, und man verendet einsam und alleine...)
Und wenn man dann gerade die letzten Falten des neuen Bettlakens glattstreicht, das zitternde Häufchen Elend in seinem neuen Schlafanzug, das Gesicht noch naß glänzend von der letzten Waschaktion, liebevoll ins Bett bugsiert, nur um sich umzudrehen und in der plötzlichen, tiefschwarzen Dunkelheit, die immer auf das "Knips" des Lichtschalters folgt, das unheilverkündende Geräusch zu hören: "Ulg - Ullllg - UUUUUAAAAArrrglgllggllllssssk" - dann liebt man Kinder. Nur gerade nicht das eigene.
Hab ich mir zumindest gerade von meiner Freundin bestätigen lassen. Denn, klopf Holz und wirf Salz über die Schulter, *** ist eine unheimlich rücksichtsvolle Kranke.
Nein, nicht, was das Sofa und Papas Bett angeht (in Mamas Bett ist ja wegen **´ regelmäßigen nächtlichen Gelagen immer noch eine Gummimatte unter dem Bettlaken eingezogen, daher macht es da keinen Spaß). Aber die Nächte, die hat sie mir gnädigerweise erlassen. Obwohl ich bereits mit Bettlaken und Ersatzdecke bewaffnet meine Augenringe poliert habe.
Denn die Nacht vor *** akuter Erkrankung mit der schönen MDG hatte mich ** aufs Gröbste gefördert. Scheinbar hatte sie sich beim Röntgen in der Kinderklinik diesen hübschen Virus gegönnt. Es war ja beruhigend, zu wissen, daß ihre Atemgeräusche "nur" auf eine Bronchitis zurückzuführen waren und nicht auf eine Lungenentzündung, an der Sache selbst änderte das nichts.
Gemerkt aber haben wir bei ihr von der MGD nur sehr wenig. Ein Baby, das an zwei Tagen zweimal Milch erbricht, ist eigentlich nichts Ungewöhnliches. Und wenn sie nur Milch trinken will und keinen Brei essen, schiebe ich das - wie alle Mütter - auf durchbrechende Zähne. Natürlich wirkte sie elend, wo sie doch sonst völlig unbeeinträchtig vor sich hin lacht. Und natürlich habe ich sie scharf beobachtet, das Ganze aber eben auf ihre jetzt schon gute 14 Wochen andauernde Bronchitis geschoben. Die es eben genausogut verschuldet haben kann, daß ** in der Nacht zum Montag fast stündlich hustete, schrie und weinte. Um vier Uhr war der Ofen aus, zappenduster. Wir inhalierten mit Cortison (wie jeden Morgen, wenn auch nicht so früh), krabbelten wieder ins Bett und hofften auf ein wenig mehr Schlaf.
Pustekuchen.
Sobald Mama versuchte, sich ein wenig in die Horizontale zu begeben, bekam das Kind Panik. Nein, sitzen bleiben, aufrecht, ich bekomme sonst keine Luft.
Wie erklärt man einem 6 Monate und drei Wochen alten Mädchen, daß es überhaupt keine Probleme hätte, zu atmen, wenn es nur aufhören wollte, wie am Spieß zu schreien? Gar nicht, genau.
Also versuchte Mama (erfolglos), wenigstens das Kind sitzend zu lagern und sich selbst daneben zu legen.
Denkste.
Immerhin waren wir dafür um sechs Uhr schon schön wach, so daß wir ohne Probleme gegen halb acht Uhr alle angezogen waren. Sozusagen mit einem Bein schon in den Stiefeln (Mama schob sich gerade das letzte Frühstücksbrot in den Mund), mußte bei *** schnell noch was gewechselt werden. Da der Papa das offensichtlich gut im Griff hatte, stellte ich mich also tot - bis der Urschrei kam:
"Ich brauche hier Hilfe!! Uuu, das stinkt!"
Seufzend also erhebe ich mich und schlucke noch einmal.
Eine gute Entscheidung.
Schon in der Tür des Kinderzimmers - gute 1,50 m vom Wickeltisch entfernt - schlägt mir ein Miasma entgegen. Ich ringe nach Luft, teils, weil es so bestialisch stinkt, teils, weil ich so lachen muß.
"***, was hast du bloß gegessen?" keuche ich.
"Hilfeee, Hilfe! Sie ist wirklich bis an die Oberkante voll. Das ist - schau nur, hier, alles durch - das geht so nicht!" stammelt mein Mann und zieht sich schnellstens vom Ort des Geschehens zurück. Taskforce Mama ist ja da, und Stinkewindeln waren noch nie sein Hobby.
Aber hier ist wirklich kein Land zu sehen. Ich pelle die restliche Windel auf und trete mit *** die Flucht nach vorn, bzw. ins Bad an. Hemdchen, Pullover - alles ist *getränkt* mit dünnflüssigem genaudas, und kurz darauf getränkt von Wasser.
Blitzblank und nackig kommen wir zurück (d.h., nackig ist *** - ich habe die Waschung unversehrt überstanden).
Nun gut, der Gang zum Arzt ist ja sowieso gebucht, nehmen wir sie halt mit.
"Oh oh" tönt es vom Rücksitz.
Ich drehe mich um. Wir haben gerade den Papa in den Zug gesetzt und steuern nun den Kinderarzt an.
"Was ist los, Schätzchen?"
"Aa pomm glei haus." Für Ungeübte: "Aa kommt gleich raus."
Bittere Aussichten, angesichts des zu erwartenden Gestanks. Trotzdem freue ich mich über die kognitive Leistung meines kleinen Fussels. Immerhin haben wir Glück, im nächsten Moment meldet sie:
"Feuer. Pomm haus."
Was ich als Meldung eines ... ehemm... "heißen Schleichers" interpretiere.
Beim Doc wirds turbulent. Mit dem Baby auf den Knieen diskutiere ich den Röntgenbefund, versuche, ihn zu überzeugen, daß ein Antibiotikum durchaus Sinn haben könne. Immerhin bin ich seit vier Wochen auch immer wieder krank mit einer Halsgeschichte, das könnte doch schließlich zusammenhängen.
Inzwischen wird *** immer stiller. Sie will auch auf meinen Schoß, nun gut, ich habe ja zwei Beine.
Plötzlich wird mir ein rhytmisches Klopfen gegen meine linke Hand bewußt.
*** starrt bedrückt ins Leere.
"Entschuldigung, Dr. K... - ***, ist dir schlecht? Musst du spucken?"
Gedankenvolles Nicken.
Ich glaube, so schnell hat Dr. K. seine Spuckschale selten geleert. Aber auch hier haben wir Glück:
"Pomm nich haus" - es bleibt uns erspart. Nur ein paar Sabbertropfen belasten das Schälchen.
Anderthalb Stunden später sind wir wieder zuhause, voll beladen mit Medikamenten - Vomex für das kranke große Kind, Flui-DNCG und ein Antibiotikum für das kranke kleine Kind.
*** wird auf dem Sofa untergebracht, während ** darauf besteht, herumgetragen zu werden, um besser Luft zu bekommen. Dabei habe ich die ganze Zeit den Eindruck, daß die Luft gar nicht ihr Problem ist, jedenfalls jetzt nicht. Sicher, sie hustet, und wenn sie hustet, bekommt sie gerade keine Luft - würde sie aber nicht gleich Angst bekommen und losweinen, gäbe es kein Problem. Nur, wie ihr das klarmachen? Verständlich ist ihre Angst ja schon.
Kurze Zeit später trifft "Eeeelaaa" ein, unsere Kurzzeit-Tagesmutter. Sie ist eine von ***s Kindergärtnerinnen und da sie "nur" eine halbe Stelle hat, kann sie umschichtig alle zwei Wochen ** hüten, wenn ich meine zwei Tage arbeiten gehe. Da ** - wie jetzt endlich feststeht - auch in die Tagesstätte kommen wird, muß sie sich so nicht zweimal an ein fremdes Gesicht gewöhnen.
Jetzt kommt sie ausnahmsweise zu uns, statt das das Kind zu ihr kommt, und leiht mir zwei wertvolle Hände. Der Haushalt hat meine Aufmerksamkeit wirklich nötig.
Als ich aus dem Keller wiederkomme, ist es passiert: der erste Spucker des Tages. Bis zum frühen Nachmittag hat es gedauert, aber die rote Grütze hat *** den Rest gegeben. Den Vanillepudding konnten wir ihr abschlagen, die Grütze schien recht harmlos. Naja, nun ist sie wieder draussen, zusammen mit den blanken Nudeln, die ihr vorausgingen.
Kind ausziehen, vom Sofa die Decke abziehen (ich bin ja durchaus vorsichtig), neue Bettdecke holen, beziehen, Kind anziehen...
Und kurz darauf nochmal. Der Eimer ist recht nutzlos, *** spuckt meist nur einen kurzen Schwall. Mit wilden Augen hockt sie dann verständnislos über dem Eimer und wartet, daß ich ihr etwas Wasser zu trinken gebe.
Immerhin trinkt sie, wenn auch wenig und nur in kleinen Schlucken. Aber es bleibt für heute bei den zwei Spuckereien, nachts hält sie sich stark zurück.
Abends rufe ich trotzdem nochmal den Doc an. ** rauscht bei jedem Atemzug, trotz fünfmaligen Inhalierens am ganzen Tag, hat dünnflüssigen, blasigen Schleim vorm Mund. Endlich bekomme ich das Okay für das Antibiotikum, zusammen mit der Anweisung, bei Problemen in der Nacht sofort ins Krankenhaus zu fahren. Ja. Ungern. Krankheiten haben die Tendenz, sich im Krankenhaus in eine ungewollte Richtung zu entwickeln.
Oder, wie eine Freundin es formulierte: "Rein kommt man auch auf Verdacht, aber raus nur auf Gewißheit."
Aber die Nacht wird zwar ähnlich unruhig (um drei Uhr morgens Inhalieren, neben Mama ins Bett, Hand auf ihrem Gesicht liegen lassend, um vier Uhr jammern, bis man per Kopfkissen stark angewinkelt hingelegt wird, um fünf Uhr dann wieder Ofen aus und an Mama gelehnt sitzend dahindämmernd, bis um sechs Uhr Aufstehen die Parole ist - gefolgt vom nächsten Inhalieren), doch nicht *so* beängstigend, daß wir die Fahrt antreten müssten.
Gruß,
Buchstabensalat
Nicht irgendeine, nein, unser aller Lieblingsgrippe: Magen-Darm-Grippe.
Während man bei der Feld-Wald-Wiesengrippe ja "nur" mit fiebrigen, quengeligen Kinderchen zu kämpfen hat, die ihr Lieblingsessen zwar jetzt gerade nicht essen wollen (obwohl es vor fünf Sekunden noch im Ton von "JETZT, oder ich sterbe gleich" angemahnt wurde), dafür aber in aller Regel eine Menge Zeit schlafend verbringen, bevor sie dann in der Rekonvaleszenz endgültig kurz vor dem gewaltsamen Tod stehen, weil sie sich nicht für eine Tätigkeit entscheiden können -
Ja, also im Gegensatz zu dieser äußerst einfachen, fast entspannenden Krankheit hat man bei der Magen-Darm-Grippe ja noch die unglaubliche Freude, in regelmäßigen Abständen den Boden aufwischen zu dürfen.
Oder das Bett neu zu beziehen.
Oder das Kind neu zu bekleiden.
Oder das Sofa abzufeudeln.
Sofern man nicht gerade neben dem Kind hockt und es mit Engelszungen dazu überreden möchte, von dem eklig süß-salzigen Elektrolyt-Schlabber doch bitte, bitte wenigstens ein winziges Schlückchen zu nehmen.
Oder eine klitzekleine Salzstange zu knabbern.
Oder einen Zwieback zu mümmeln.
Oder einen ganz unbedeutenden Löffel geriebenen Apfel.
Und NEIN, Milch gibt es ganz bestimmt nicht.
Auch keine Butter aufs Brötchen.
Morgen, vielleicht.
Wenn man dann abends rechtschaffen erschöpft ins Bett sinkt, denkt man kurz vor dem Wegsacken vielleicht noch gerade daran, daß man sich ja zwei, drei der frischen Bettlaken hinlegen wollte, zusammen mit der Ersatz-Bettdecke (und der zweimal gefalteten Wolldecke, denn wenn die Ersatzdecke auch begöbelt ist, was tut man dann?). Ist natürlich alles zu spät, denn die Glieder sind plutoniumschwer und überhaupt ist man sowieso schon eingeschlafen. Bis dann - meist so gegen halb drei, oder eine Stunde, bevor der Wecker klingelt, vorzugsweise sowieso beides - der Ruf ertönt (in angemessener Panik und Verzweiflung): "MAAAAAAAAAAAAA aaaaaaaaaa maaaaaa..." (verklingend in hoffnungsloser Verzweiflung - Mama ist die letzten 10 Male schon gekommen, da wird sie jetzt natürlich nicht kommen, und man verendet einsam und alleine...)
Und wenn man dann gerade die letzten Falten des neuen Bettlakens glattstreicht, das zitternde Häufchen Elend in seinem neuen Schlafanzug, das Gesicht noch naß glänzend von der letzten Waschaktion, liebevoll ins Bett bugsiert, nur um sich umzudrehen und in der plötzlichen, tiefschwarzen Dunkelheit, die immer auf das "Knips" des Lichtschalters folgt, das unheilverkündende Geräusch zu hören: "Ulg - Ullllg - UUUUUAAAAArrrglgllggllllssssk" - dann liebt man Kinder. Nur gerade nicht das eigene.
Hab ich mir zumindest gerade von meiner Freundin bestätigen lassen. Denn, klopf Holz und wirf Salz über die Schulter, *** ist eine unheimlich rücksichtsvolle Kranke.
Nein, nicht, was das Sofa und Papas Bett angeht (in Mamas Bett ist ja wegen **´ regelmäßigen nächtlichen Gelagen immer noch eine Gummimatte unter dem Bettlaken eingezogen, daher macht es da keinen Spaß). Aber die Nächte, die hat sie mir gnädigerweise erlassen. Obwohl ich bereits mit Bettlaken und Ersatzdecke bewaffnet meine Augenringe poliert habe.
Denn die Nacht vor *** akuter Erkrankung mit der schönen MDG hatte mich ** aufs Gröbste gefördert. Scheinbar hatte sie sich beim Röntgen in der Kinderklinik diesen hübschen Virus gegönnt. Es war ja beruhigend, zu wissen, daß ihre Atemgeräusche "nur" auf eine Bronchitis zurückzuführen waren und nicht auf eine Lungenentzündung, an der Sache selbst änderte das nichts.
Gemerkt aber haben wir bei ihr von der MGD nur sehr wenig. Ein Baby, das an zwei Tagen zweimal Milch erbricht, ist eigentlich nichts Ungewöhnliches. Und wenn sie nur Milch trinken will und keinen Brei essen, schiebe ich das - wie alle Mütter - auf durchbrechende Zähne. Natürlich wirkte sie elend, wo sie doch sonst völlig unbeeinträchtig vor sich hin lacht. Und natürlich habe ich sie scharf beobachtet, das Ganze aber eben auf ihre jetzt schon gute 14 Wochen andauernde Bronchitis geschoben. Die es eben genausogut verschuldet haben kann, daß ** in der Nacht zum Montag fast stündlich hustete, schrie und weinte. Um vier Uhr war der Ofen aus, zappenduster. Wir inhalierten mit Cortison (wie jeden Morgen, wenn auch nicht so früh), krabbelten wieder ins Bett und hofften auf ein wenig mehr Schlaf.
Pustekuchen.
Sobald Mama versuchte, sich ein wenig in die Horizontale zu begeben, bekam das Kind Panik. Nein, sitzen bleiben, aufrecht, ich bekomme sonst keine Luft.
Wie erklärt man einem 6 Monate und drei Wochen alten Mädchen, daß es überhaupt keine Probleme hätte, zu atmen, wenn es nur aufhören wollte, wie am Spieß zu schreien? Gar nicht, genau.
Also versuchte Mama (erfolglos), wenigstens das Kind sitzend zu lagern und sich selbst daneben zu legen.
Denkste.
Immerhin waren wir dafür um sechs Uhr schon schön wach, so daß wir ohne Probleme gegen halb acht Uhr alle angezogen waren. Sozusagen mit einem Bein schon in den Stiefeln (Mama schob sich gerade das letzte Frühstücksbrot in den Mund), mußte bei *** schnell noch was gewechselt werden. Da der Papa das offensichtlich gut im Griff hatte, stellte ich mich also tot - bis der Urschrei kam:
"Ich brauche hier Hilfe!! Uuu, das stinkt!"
Seufzend also erhebe ich mich und schlucke noch einmal.
Eine gute Entscheidung.
Schon in der Tür des Kinderzimmers - gute 1,50 m vom Wickeltisch entfernt - schlägt mir ein Miasma entgegen. Ich ringe nach Luft, teils, weil es so bestialisch stinkt, teils, weil ich so lachen muß.
"***, was hast du bloß gegessen?" keuche ich.
"Hilfeee, Hilfe! Sie ist wirklich bis an die Oberkante voll. Das ist - schau nur, hier, alles durch - das geht so nicht!" stammelt mein Mann und zieht sich schnellstens vom Ort des Geschehens zurück. Taskforce Mama ist ja da, und Stinkewindeln waren noch nie sein Hobby.
Aber hier ist wirklich kein Land zu sehen. Ich pelle die restliche Windel auf und trete mit *** die Flucht nach vorn, bzw. ins Bad an. Hemdchen, Pullover - alles ist *getränkt* mit dünnflüssigem genaudas, und kurz darauf getränkt von Wasser.
Blitzblank und nackig kommen wir zurück (d.h., nackig ist *** - ich habe die Waschung unversehrt überstanden).
Nun gut, der Gang zum Arzt ist ja sowieso gebucht, nehmen wir sie halt mit.
"Oh oh" tönt es vom Rücksitz.
Ich drehe mich um. Wir haben gerade den Papa in den Zug gesetzt und steuern nun den Kinderarzt an.
"Was ist los, Schätzchen?"
"Aa pomm glei haus." Für Ungeübte: "Aa kommt gleich raus."
Bittere Aussichten, angesichts des zu erwartenden Gestanks. Trotzdem freue ich mich über die kognitive Leistung meines kleinen Fussels. Immerhin haben wir Glück, im nächsten Moment meldet sie:
"Feuer. Pomm haus."
Was ich als Meldung eines ... ehemm... "heißen Schleichers" interpretiere.
Beim Doc wirds turbulent. Mit dem Baby auf den Knieen diskutiere ich den Röntgenbefund, versuche, ihn zu überzeugen, daß ein Antibiotikum durchaus Sinn haben könne. Immerhin bin ich seit vier Wochen auch immer wieder krank mit einer Halsgeschichte, das könnte doch schließlich zusammenhängen.
Inzwischen wird *** immer stiller. Sie will auch auf meinen Schoß, nun gut, ich habe ja zwei Beine.
Plötzlich wird mir ein rhytmisches Klopfen gegen meine linke Hand bewußt.
*** starrt bedrückt ins Leere.
"Entschuldigung, Dr. K... - ***, ist dir schlecht? Musst du spucken?"
Gedankenvolles Nicken.
Ich glaube, so schnell hat Dr. K. seine Spuckschale selten geleert. Aber auch hier haben wir Glück:
"Pomm nich haus" - es bleibt uns erspart. Nur ein paar Sabbertropfen belasten das Schälchen.
Anderthalb Stunden später sind wir wieder zuhause, voll beladen mit Medikamenten - Vomex für das kranke große Kind, Flui-DNCG und ein Antibiotikum für das kranke kleine Kind.
*** wird auf dem Sofa untergebracht, während ** darauf besteht, herumgetragen zu werden, um besser Luft zu bekommen. Dabei habe ich die ganze Zeit den Eindruck, daß die Luft gar nicht ihr Problem ist, jedenfalls jetzt nicht. Sicher, sie hustet, und wenn sie hustet, bekommt sie gerade keine Luft - würde sie aber nicht gleich Angst bekommen und losweinen, gäbe es kein Problem. Nur, wie ihr das klarmachen? Verständlich ist ihre Angst ja schon.
Kurze Zeit später trifft "Eeeelaaa" ein, unsere Kurzzeit-Tagesmutter. Sie ist eine von ***s Kindergärtnerinnen und da sie "nur" eine halbe Stelle hat, kann sie umschichtig alle zwei Wochen ** hüten, wenn ich meine zwei Tage arbeiten gehe. Da ** - wie jetzt endlich feststeht - auch in die Tagesstätte kommen wird, muß sie sich so nicht zweimal an ein fremdes Gesicht gewöhnen.
Jetzt kommt sie ausnahmsweise zu uns, statt das das Kind zu ihr kommt, und leiht mir zwei wertvolle Hände. Der Haushalt hat meine Aufmerksamkeit wirklich nötig.
Als ich aus dem Keller wiederkomme, ist es passiert: der erste Spucker des Tages. Bis zum frühen Nachmittag hat es gedauert, aber die rote Grütze hat *** den Rest gegeben. Den Vanillepudding konnten wir ihr abschlagen, die Grütze schien recht harmlos. Naja, nun ist sie wieder draussen, zusammen mit den blanken Nudeln, die ihr vorausgingen.
Kind ausziehen, vom Sofa die Decke abziehen (ich bin ja durchaus vorsichtig), neue Bettdecke holen, beziehen, Kind anziehen...
Und kurz darauf nochmal. Der Eimer ist recht nutzlos, *** spuckt meist nur einen kurzen Schwall. Mit wilden Augen hockt sie dann verständnislos über dem Eimer und wartet, daß ich ihr etwas Wasser zu trinken gebe.
Immerhin trinkt sie, wenn auch wenig und nur in kleinen Schlucken. Aber es bleibt für heute bei den zwei Spuckereien, nachts hält sie sich stark zurück.
Abends rufe ich trotzdem nochmal den Doc an. ** rauscht bei jedem Atemzug, trotz fünfmaligen Inhalierens am ganzen Tag, hat dünnflüssigen, blasigen Schleim vorm Mund. Endlich bekomme ich das Okay für das Antibiotikum, zusammen mit der Anweisung, bei Problemen in der Nacht sofort ins Krankenhaus zu fahren. Ja. Ungern. Krankheiten haben die Tendenz, sich im Krankenhaus in eine ungewollte Richtung zu entwickeln.
Oder, wie eine Freundin es formulierte: "Rein kommt man auch auf Verdacht, aber raus nur auf Gewißheit."
Aber die Nacht wird zwar ähnlich unruhig (um drei Uhr morgens Inhalieren, neben Mama ins Bett, Hand auf ihrem Gesicht liegen lassend, um vier Uhr jammern, bis man per Kopfkissen stark angewinkelt hingelegt wird, um fünf Uhr dann wieder Ofen aus und an Mama gelehnt sitzend dahindämmernd, bis um sechs Uhr Aufstehen die Parole ist - gefolgt vom nächsten Inhalieren), doch nicht *so* beängstigend, daß wir die Fahrt antreten müssten.
Gruß,
Buchstabensalat
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