Leseverständnis und Vokabeln lernen

Océanne

Gehört zum Inventar
Hallo Ihr Lieben,

ich hoffe, dass ihr hier einen guten Rat für mich habt, weil ich mit meinem Latein langsam am Ende bin.
Ich habe eine Nachhilfeschülerin, die in die 11. Klasse eines Gymnasiums geht, also 2014 ihr Abitur machen wird. Sie bekommt Nachhilfe hauptsächlich in Deutsch und Englisch.
Ihr Problem ist, dass sie sich keine Vokabeln merken kann und ihr Leseverständnis damit ziemlich schlecht ist. Die Texte werden ja auch nicht leichter.
Ich kann ihr vorschlagen, was ich will, sie mauert entweder, findet alles blöd oder es bringt ihr angeblich nichts. Außerdem sind sowieso immer alle anderen schuld, weil der Lehrer ihnen keine Vokabeln beibringt :piebts:, er zu laut zu leise spricht, sie viele von den Vokabeln, die sie dann lernen muss, nie wieder braucht, Englisch sowieso ne doofe Sprache ist und sie wirklich immer das Opfer von anderen, die sich nicht so verhalten, wie es für sie gut gewesen wäre. Ihr Chemielehrer ist letztens Vater geworden, da war sie empört, dass er wegen so einer Lappalie den Unterricht hat ausfallen lassen trotz der anstehenden Klausur. :umfall: Sorry, ich bin gerade echt etwas genervt, was ich ihr aber übrigens nicht zeige! Ich denke mir nur heimlich meinen Teil ...
Sie war mit dem Gymnasium von Anfang an mehr oder weniger überfordert. Ich hätte Oberschule und damit Abi nach 3 und nicht nach 2 Jahren Oberstufe für sie besser gefunden, aber gut, das ist jetzt ein anderes Fass.
Ich habe ihr Wortfeldarbeit vorgeschlagen entweder mit mind maps oder als Tabelle, also einfach alle Vokabeln zum Thema "sprechen" oder "Küche" aufschreiben. Karteikarten gefallen ihr auch nicht, Post it Zettel mit den schwierigsten Vokabeln in ihr Zimmer hängen möchte sie auch nicht.
Ich kann auch schwer einschätzen, woran es bei ihr liegt. Dann fragt sie mich einmal, was solution heißt und stellt dieselbe Frage drei Sätze später nochmal, obwohl sie sich die Vokabel drüber geschrieben hatte. Sie bildet das present progressive immer noch ohne "be", also schreibt "I swimming" statt "I am swimming", obwohl sie kein Verständnisproblem hat, aber sie kann es sich nicht merken. Sie hat im Deutschen Ewigkeiten "gibt" mit ie geschrieben und brauchte lange, bis sie sich die richtige Schreibweise merken konnte. Gestern habe ich sie gefragt, was beim Vokabellernen in ihrem Kopf vorgeht, ob sie sich Eselbrücken baut. Da hat sie nur geschmunzelt und gemeint, dass gar nicht in ihrem Kopf vorgeht, wenn sie die Wörter liest. Sie schreibt übernächste Woche eine Klausur, in der sie wahrscheinlich Zeitungsartikel bearbeiten müssen. Es ist ihr auch nicht wirklich egal, sie hat gestern geweint, weil sie mit den Texten nicht klarkommt. Andererseits will sie aber auch keine Nachhilfe in den Ferien machen, weil sie lieber was anderes machen will, was ich einerseits verstehen kann, andererseits muss sie daraus auch die Konsequenzen ziehen und lernen Verantwortung für ihre Entscheidungen zu tragen.
Was mache ich nun? :(

Liebe Grüße
 
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:huhu:

Wenn sie in der 11. Klasse ist, ist sie 17 oder wird 17 Jahre alt, oder?

Ich würde auf jeden Fall mit den Eltern sprechen und sie darauf hinweisen, das "Madame" (sorry, aber das Wort schoss mir beim Lesen so durch den Kopf) sich weigert, sowohl einen deiner Vorschläge zum Vokabellernen anzunehmen als auch nicht in der Lage ist, eigene Ideen dazu zu entwickeln, bzw. es offensichtlich auch gar nicht WILL.

Und dann würd ich ihnen sagen, dass entweder sie (die Eltern) oder du mit ihr mal ein paar deutliche Takte reden solltet.

Es geht doch nunmal nicht, ohne zu lernen, wie auch immer sie das dann letztendlich macht.

Klar will sie keine Nachhilfe in den Ferien, wenn Englisch ja sowieso "blöd" ist. Nutzt aber nix, wenn sie es sonst nicht hinbekommt.

Ich würd ihr ganz klar sagen, entweder sie hört auf zu bocken und bemüht sich, oder sie fällt "auf den Hintern" bei der Klausur.

Karteikarten gefallen ihr auch nicht, Post it Zettel mit den schwierigsten Vokabeln in ihr Zimmer hängen möchte sie auch nicht.

Möchte sie nicht? Gefallen ihr nicht? Dann soll sie doch mal sagen, wie sie sich das Ganze dann so vorstellt.

Sorry, ich bin heute kratzbürstig, aber ich hab selbst ein Nachhilfekind in Englisch (allerdings erst in der 7.), das auch gelegentlich meint, Vokabeln wären "überflüssige Zeitverschwendung" und habe im letzten Jahr 5 Wochen lang mit meinem Patenkind Mathe gepaukt, damit sie die Nachprüfung schafft. Da sind wir auch öfter an diese Grenzen gestoßen, sie hat dann aber irgendwann kapiert, das SIE das Ganze entscheiden kann, nicht ich musste in die Nachprüfung, sondern sie, und sie hat´s dann auch gepackt.

LG
Heike
 
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mit den Eltern reden. Videoaufnahmen vom Lernverhalten machen (mit ihrem Einverständnis) und das hinterher gemeinsam mit ihr anschauen und besprechen, damit sie mal eine Vorstellung von ihrem Verhalten bekommt.

und dann schauen: mit Gewalt hebt man keine Geiß´... SIE muß wollen, echt richtig wollen, sie muß dich anbetteln damit du ihr hilfst....solang sie noch solche Ansprüche hat dass sie nix kapiert und alles verweigert solang gehts ihr noch nicht schlecht genug...
und genau das müssen die Eltern auch kapieren: dass du als nachhilfelehrerin niemand zu seinem Glück zwingen kannst...

:huhu:
 
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Ich kann mich Heike und Lucie nur anschließen :jaja:. Sie muss verstehen, dass SIE dafür verantwortlich ist wie die Klausur bzw. die Schule läuft. Was erwartet sie denn von Dir? Dass Du mitn Fingern schnippst und sie kann alles?

An Deiner Stelle würd ich ihr klipp und klar sagen, dass sie jetzt entweder richtig mitarbeiten muss oder dann die Konsequenzen selbst zu tragen hat. Kann ja auch nicht sein, dass sie sämtliche Vorschläge von Dir ablehnt und nix tun will aber von Dir erwartet, dass sie trotzdem ne gute Note schreibt :umfall:.

Und ja, mit den Eltern würd ich wohl auch reden :jaja:.
 
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Ich kann dir nur dringend raten mit den Eltern zu reden. Letztendlich zahlen sie dir dafür Geld, dass ihre Tochter etwas lernt. Wenn ich als Mutter sowas zahlen muss, dann möchte ich auch wissen, wenn es nicht klappt und woran es liegt. Viel Erfolg, das ist bestimmt nervenaufreibend.
 
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Du schreibst viel von den Vokabel und das sie lange Zeit "giebt" statt "gibt" geschrieben hat. Gabs in Deutsch auch noch andere Probleme?

Nicht das sie vielleicht LRS oder nur eine Rechtschreibschwäche hat (dann klappts nämlich meist auch bei den Fremdsprachen nicht) und sich schon jahrelang damit "durch mogelt". Wollte sie aufs Gym oder wollten das die Eltern?
Nicht das sie sich nicht traut was zu sagen, das sie es nicht kann und deshalb sich mehr oder weniger verschliesst.
 
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Ich schließe mich hier Michi an.
An LRS dachte ich auch sofort, als ich den Eingangspost gelesen hatte.
Vielleicht ist die Unlust kein echtes Abblocken, sondern ein riesen Fragezeichen im Kopf, weil das Mädchen eine Lese-Rechtschreib-Schwäche hat, die bislang durch geschicktes "Durchmogeln" nicht erkannt wurde.
 
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Vielen lieben Dank für eure Antworten.

Du schreibst viel von den Vokabel und das sie lange Zeit "giebt" statt "gibt" geschrieben hat. Gabs in Deutsch auch noch andere Probleme?

Ja, gab es, aber die haben wir sehr gut in den Griff bekommen. Sie hatte eine zeitlang während "werend" geschrieben. Nachdem ich da ausnahmsweise mal etwas "sauer" wurde, ging es auf einmal. :rolleyes: Heute macht sie nur noch Flüchtigkeitsfehler und vergisst in Klausuren wegen der Eile mal einen Buchstaben, wie "Telefo" oder sowas.

Sie sagt immer, sie kann sich Dinge einfach nicht merken. Sie weiß auch, wenn ich sie drauf hinweise, dass bestimmte Dinge falsch sind, wie z.B. "I swimming", aber sie hat diesen Fehler so drin, dass es lange dauert, bis er weg ist. Ich bin keine ausgebildete Pädagogin und darum auch überfragt, was spezielle Probleme wie LRS anbetrifft. Ich kann schwer abschätzen, wie die Familie darauf reagiert, wenn ich das anspreche. Vor ein paar Jahren sagte ihre Oma mal zu mir, dass ich "einen an den Hals kriege", wenn die Arbeit schlecht ausfällt. :piebts: Ich befürchte auf jeden Fall, dass sie Ärger bekommt nach dem Gespräch und es dann wieder dicke Tränen gibt, weil noch mehr Druck kommt.

Eigentlich ist sie schon ein helles Köpfchen, aber ich hatte trotzdem von Anfang an meine Bedenken, ob sie an der Schule richtig ist. Ich kenne sie nun seit 6 Jahren.
Das Gymnasium, auf das sie geht, ist ein altes, humanistisches, das hier in der Stadt großes Ansehen genießt. Sie kommt aus einer Familie, in der sie nun die erste Abiturientin wäre und natürlich anschließend auch die erste Akademikerin sein soll. Und dann auch noch auf diesem super tollen Gymnasium, was ja noch mehr hermacht, glaubt zumindest die Familie. Außerhalb dieser Stadt ist es ein stinknormales Gym und man hat kein Freiticket nach Princeton oder Yale, um es mal etwas zynisch zu sagen. :rolleyes: Das heißt, es werden eine Menge Hoffnungen auf sie projiziert und mein Verdacht ist eher, dass sie innerlich dagegen rebelliert. Nun sind es aber nur noch 1,5 Jahre bis zum Abi und da werden die sich auf einen Schulwechsel zur Oberschule erst recht nicht mehr einlassen. Hätte die Familie sowieso auch vorher nicht. Als sie in der Mittelstufe sich ständig darüber beklagte, dass viele in ihrer Klasse so laut sind und stinkefaul und sie vom Unterricht nichts mitbekommt, hatte ich auch ihrer Mutter und Oma (zu ihrem Vater gibt es keinen Kontakt) einen Klassenwechsel vorgeschlagen und auch erklärt, dass sie in einem anderen Klassenverband die Chance auf ein besseres Lernklima hat. Solche Vorschläge werden dort irgendwie gar nicht weiter durchdacht.

Sie ist mit dem straffen Lernstoff und der wenigen Zeit, die ihr nach der Schule bleibt, überfordert. Nebenbei geht sie viel in den Reitstall, dort kann sie übrigens auch Verantwortung übernehmen. :cool: Sie möchte unbedingt mindestens ein 2,5 Abi machen, aber ist weit von einem 2er Schnitt entfernt, was ihr nicht einmal bewusst ist. Mit den anderen Fächern hat sie nämlich auch so ihre Probleme. Sie liegt im Schnitt in allen Fächern zwischen 6 und 8 Punkten (4+ bis glatte 3), manchmal besser, manchmal schlechter. Ich versuche immer das Pferd von hinten aufzuzäumen und ihr zu sagen, dass ein 3er Schnitt kein Weltuntergang ist und sie trotzdem Abitur hat, was doch klasse ist, weil ich ihr ja schlecht sagen kann, dass sie einen 2er vermutlich nicht packen wird.

Mir tut es so leid, weil ich davon überzeugt bin, dass ihr durch diese Schulwahl große Chancen genommen wurden, Erfolgserlebnisse zu haben, was dann aufs Selbstwertgefühl geht und zu einer Abwärtsspirale führt. Es ist nämlich auch so, dass sie sehr stark an sich zweifelt, oft weint, weil sie Texte nicht auf Anhieb versteht. Häufig versteht sie auch Aufgabenstellungen nicht. Auch im Deutschunterricht. Andererseits blockt sie aber auch sämtliche Vorschläge und sieht auch nicht ein, dass sie Vokaben vor dem Unterricht mal im Lexikon oder bei leo raussucht. Etwas mehr Eigenständigkeit würde ihr nämlich sehr guttun.

Sie hat aber auch elementare Verständnisschwierigkeiten in Geschichte oder Politik und hinterfragt ständig Sinn und Unsinn von Themen und Fächern. Sie versteht z.B. nicht, dass Handlungen und politische Entscheidungen Zusammenhänge und Hintergründe haben, dass die Berliner Mauer nicht mal einfach so gebaut wurde, sondern dass es dazu eine Vorgeschichte gibt, in der Menschen unterschiedliche Positionen und Ziele hatten usw. usf. Sie kann, wenn Bücher, Geschichten usw. in Deutsch gelesen werden, nicht zwischen den Zeilen lesen und Zusammenhänge herstellen oder zumindest fällt es ihr nicht leicht.

Dann wiederum haut sie mich positiv vom Hocker, wenn sie ganz tolle Ideen für Aufsätze hat und schöne künstlerische Sachen produziert. Und es läuft auch nicht immer schlecht. Sie hat ja auch gute Fortschritte gemacht und hatte zwischenzeitlich immer wieder mal kleinere und größere Erfolgserlebnisse. Aber dieses grundsätzliche Problem ist halt immer geblieben und tritt halt momentan wieder stark in den Vordergrund.

Ich muss nochmal in mich gehen.
 
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