Buchstabensalat
Lebenskünstlerin
Die Große wird nächstes Jahr eingeschult werden. Mit 5 3/4 (als Dezemberkind). Heute wurde der Antrag von uns unterschrieben.
Dabei hätte ich noch im März eine frühere Einschulung weit, weit von mir gewiesen. Viel zu klein, zu verspielt erschien sie mir noch. War ja auch gerade erst vier geworden. Und kam ja dieses Jahr auch erst in die neue Kindergartengruppe, *endlich*, weil sie ja aufgrund des dämlichen Jahresendgeburtstages den Bestimmungen altersmässig nicht genügte.
Und dann fragte mich die Leiterin im August/September, zu Beginn des neuen Kindergartenjahres, wie es denn jetzt mit der Teilnahme an der Schulanfängergruppe sei. Wir sprachen hin, wir sprachen her, und als sie mir versicherte, wenn die Große nächstes Jahr nicht eingeschult werde, na, dann sei sie eben zweimal "Schulanfänger" - da hatte sie mein Okay.
Vielleicht deshalb beobachtete ich die Große mehr in Richtung auf ihre - demnächst - schulischen Leistungen. Und entweder, weil ich hinsah, oder weil es sich gerade in dieser Zeit entwickelte, fiel mir immer öfter auf, wie sehr sie nach Wissen hungerte. Wie konzentriert sie malte. Wie genau sie zuhörte, wenn ich mal wieder erzählte. Und eines Tages kam sie an und wollte Rechnen.
Ja, genau so forderte sie es ein. "Ich will rechnen", meinte sie, und ich erzählte eine längere Geschichte über "zwei Pferde, die auf der Weide stehen. Der Bauer kauft drei dazu. Wieviele sind es jetzt?" Fünf, so die ziemlich schnelle Antwort. Die Geschichte wuchs, die Zahl der Pferde nahm ab, nahm zu, selbst auf zwei Freunde konnte sie die kleine Herde aufteilen.
Und sie liebte diese Pferdegeschichten, sie will sie oft und gerne hören.
Natürlich fing sie auch an, Buchstaben zu zeichnen, Worte auf "Zuruf" zu schreiben. Erkannte letztens selbst, daß sich das "Wort" A-a aus zwei As zusammensetzt. Boah.
Also dachte ich, was solls, laß sie doch einfach bei der Schuluntersuchung mit anmelden. Ein Nein ist ein Nein, damit ist dann alles klar.
Nur - ich bekam kein Nein. Ich bekam ein: ja, GEISTIG ist sie so weit, nur körperlich ein wenig klein und zart. SIE müssen es wissen.
Wir Eltern grübelten hin und her. Unsere verträumte, kleine große Maus, die uns mit ihrem Getrödel zur Weißglut bringen kann? Gut, sie rechnet und malt/schreibt, aber das tun sämtliche andern gleichalten Kinder unserer Freunde auch. So stolz wir auf sie sind, aber überschätzen wir sie nicht?
Und die Große wollte Pferdegeschichten rechnen.
Die Zeit der Schulanmeldungen kam, und ich erkundigte mich beim Schulamt, wie ich verfahren müsse, wenn unsere Große nicht in die Gebietsschule kommen solle, sondern in eine sehr fortschrittliche Schule in der Stadt. Eine Schule, die unter anderem auch Europaschule ist, die die offene Ganztagsschule als Konzept hat, die mit der Laborschule in der Nachbarstadt konzeptuell zusammen arbeitet...
Da müsse ich bei der Gebietsschule vorstellig werden, beschied man mir. Die würden entscheiden, dann könne man den Antrag auf "Umeinschulung" stellen - vorausgesetzt, unsere Große würde da schon angenommen.
Und die Große wollte Pferdegeschichten rechnen.
Wir gingen mit der Großen zur Schul"anmeldung" in unserer Gebietsschule, und wieder hieß es: "Ja, GEISTIG ist sie reif dafür, aber so klein, so zart... SIE müssen es wissen." Sprechen Sie mit dem Rektor der entsprechenden Schule. Der will sie bestimmt auch begutachten.
Und die Große wollte Pferdegeschichten rechnen.
Wir gingen hin, hörten uns das Konzept an. Es klang alles sehr gut und positiv, und uns war klar: wenn früher, dann wirklich auch nur hier. Aber der Rektor, wenn er uns auch Mut machte, gab doch zu bedenken, er müsse das Kind selbst sehen.
Und die Große wollte Pferdegeschichten rechnen.
Die Große ging - leicht schüchern und gschamig - mit dem Rektor mit, und wir durften Nägel kauen. Einmal durch die ganze schöne Schule gehen, etwas sitzen und warten - und die Tür ging auf. Wir setzten uns hin, die Große blieb dabei, und der Rektor sprach die magischen Worte:
"Als sie reinkam, dachte ich wirklich - oh je, so zwergig. (Bitte? Immerhin über einen Meter groß!). Aber Sie haben Recht - das Kind muß unbedingt zur Schule. Die hungert nach Input."
Es folgten viele, viele Erklärungen zu den verschiedenen Tests, die sie "abgespielt" hatte, und die erstaunliche Zahl von "Punkten", die sie erzielt hatte. 28 Punkte kann ein Kind erreichen bei diesem Test. Die meisten 6jährigen erzielen an die 21 Punkte. Unser Mäuschchen mit seinen demnächst gerade 5 Jahren hatte tatsächlich 14 Punkte erreicht.
Zwei vor Stolz glühende Eltern saßen da auf der Couch und freuten sich. Doch, genauso hätten wir uns gefreut, hätte man uns gesagt, es sei noch nicht so weit, sie solle lieber noch ein Jahr warten. Hätte sie doch noch ein Jahr zum Spielen, Träumen, zum Kind sein gehabt. Wäre noch mein, unser kleines großes Mäuschchen gewesen.
Andererseits war diese Ungewißheit endlich weg, diese Angst, sie jetzt zu unterfordern, sie zu enttäuschen in ihrem Wissensdurst, daß sie untergeht zwischen den doch ganz anderen Bedürfnissen ihrer kleinen Schwestern, die ja doch sehr viel Raum einnehmen und die man auch nicht stärker einschränken kann. Und auch die Sorge, ob man nicht "Eislaufeltern" ist, wenn man sich immer weiter, Schritt für Schritt, an die Einschulung heranschleicht. SIE müssen es wissen, ja, aber wir wissen es ja auch nicht, vermuten und versuchen auch nur, das Beste, nein, das RICHTIGE für sie zu tun.
Aber ich glaube, wir tun es. Und beim Rausgehen unterschrieb der Papa den Einschulungsantrag.
Salat,
mit demnächst-SCHULKIND!!!!
Dabei hätte ich noch im März eine frühere Einschulung weit, weit von mir gewiesen. Viel zu klein, zu verspielt erschien sie mir noch. War ja auch gerade erst vier geworden. Und kam ja dieses Jahr auch erst in die neue Kindergartengruppe, *endlich*, weil sie ja aufgrund des dämlichen Jahresendgeburtstages den Bestimmungen altersmässig nicht genügte.
Und dann fragte mich die Leiterin im August/September, zu Beginn des neuen Kindergartenjahres, wie es denn jetzt mit der Teilnahme an der Schulanfängergruppe sei. Wir sprachen hin, wir sprachen her, und als sie mir versicherte, wenn die Große nächstes Jahr nicht eingeschult werde, na, dann sei sie eben zweimal "Schulanfänger" - da hatte sie mein Okay.
Vielleicht deshalb beobachtete ich die Große mehr in Richtung auf ihre - demnächst - schulischen Leistungen. Und entweder, weil ich hinsah, oder weil es sich gerade in dieser Zeit entwickelte, fiel mir immer öfter auf, wie sehr sie nach Wissen hungerte. Wie konzentriert sie malte. Wie genau sie zuhörte, wenn ich mal wieder erzählte. Und eines Tages kam sie an und wollte Rechnen.
Ja, genau so forderte sie es ein. "Ich will rechnen", meinte sie, und ich erzählte eine längere Geschichte über "zwei Pferde, die auf der Weide stehen. Der Bauer kauft drei dazu. Wieviele sind es jetzt?" Fünf, so die ziemlich schnelle Antwort. Die Geschichte wuchs, die Zahl der Pferde nahm ab, nahm zu, selbst auf zwei Freunde konnte sie die kleine Herde aufteilen.
Und sie liebte diese Pferdegeschichten, sie will sie oft und gerne hören.
Natürlich fing sie auch an, Buchstaben zu zeichnen, Worte auf "Zuruf" zu schreiben. Erkannte letztens selbst, daß sich das "Wort" A-a aus zwei As zusammensetzt. Boah.
Also dachte ich, was solls, laß sie doch einfach bei der Schuluntersuchung mit anmelden. Ein Nein ist ein Nein, damit ist dann alles klar.
Nur - ich bekam kein Nein. Ich bekam ein: ja, GEISTIG ist sie so weit, nur körperlich ein wenig klein und zart. SIE müssen es wissen.
Wir Eltern grübelten hin und her. Unsere verträumte, kleine große Maus, die uns mit ihrem Getrödel zur Weißglut bringen kann? Gut, sie rechnet und malt/schreibt, aber das tun sämtliche andern gleichalten Kinder unserer Freunde auch. So stolz wir auf sie sind, aber überschätzen wir sie nicht?
Und die Große wollte Pferdegeschichten rechnen.
Die Zeit der Schulanmeldungen kam, und ich erkundigte mich beim Schulamt, wie ich verfahren müsse, wenn unsere Große nicht in die Gebietsschule kommen solle, sondern in eine sehr fortschrittliche Schule in der Stadt. Eine Schule, die unter anderem auch Europaschule ist, die die offene Ganztagsschule als Konzept hat, die mit der Laborschule in der Nachbarstadt konzeptuell zusammen arbeitet...
Da müsse ich bei der Gebietsschule vorstellig werden, beschied man mir. Die würden entscheiden, dann könne man den Antrag auf "Umeinschulung" stellen - vorausgesetzt, unsere Große würde da schon angenommen.
Und die Große wollte Pferdegeschichten rechnen.
Wir gingen mit der Großen zur Schul"anmeldung" in unserer Gebietsschule, und wieder hieß es: "Ja, GEISTIG ist sie reif dafür, aber so klein, so zart... SIE müssen es wissen." Sprechen Sie mit dem Rektor der entsprechenden Schule. Der will sie bestimmt auch begutachten.
Und die Große wollte Pferdegeschichten rechnen.
Wir gingen hin, hörten uns das Konzept an. Es klang alles sehr gut und positiv, und uns war klar: wenn früher, dann wirklich auch nur hier. Aber der Rektor, wenn er uns auch Mut machte, gab doch zu bedenken, er müsse das Kind selbst sehen.
Und die Große wollte Pferdegeschichten rechnen.
Die Große ging - leicht schüchern und gschamig - mit dem Rektor mit, und wir durften Nägel kauen. Einmal durch die ganze schöne Schule gehen, etwas sitzen und warten - und die Tür ging auf. Wir setzten uns hin, die Große blieb dabei, und der Rektor sprach die magischen Worte:
"Als sie reinkam, dachte ich wirklich - oh je, so zwergig. (Bitte? Immerhin über einen Meter groß!). Aber Sie haben Recht - das Kind muß unbedingt zur Schule. Die hungert nach Input."
Es folgten viele, viele Erklärungen zu den verschiedenen Tests, die sie "abgespielt" hatte, und die erstaunliche Zahl von "Punkten", die sie erzielt hatte. 28 Punkte kann ein Kind erreichen bei diesem Test. Die meisten 6jährigen erzielen an die 21 Punkte. Unser Mäuschchen mit seinen demnächst gerade 5 Jahren hatte tatsächlich 14 Punkte erreicht.
Zwei vor Stolz glühende Eltern saßen da auf der Couch und freuten sich. Doch, genauso hätten wir uns gefreut, hätte man uns gesagt, es sei noch nicht so weit, sie solle lieber noch ein Jahr warten. Hätte sie doch noch ein Jahr zum Spielen, Träumen, zum Kind sein gehabt. Wäre noch mein, unser kleines großes Mäuschchen gewesen.
Andererseits war diese Ungewißheit endlich weg, diese Angst, sie jetzt zu unterfordern, sie zu enttäuschen in ihrem Wissensdurst, daß sie untergeht zwischen den doch ganz anderen Bedürfnissen ihrer kleinen Schwestern, die ja doch sehr viel Raum einnehmen und die man auch nicht stärker einschränken kann. Und auch die Sorge, ob man nicht "Eislaufeltern" ist, wenn man sich immer weiter, Schritt für Schritt, an die Einschulung heranschleicht. SIE müssen es wissen, ja, aber wir wissen es ja auch nicht, vermuten und versuchen auch nur, das Beste, nein, das RICHTIGE für sie zu tun.
Aber ich glaube, wir tun es. Und beim Rausgehen unterschrieb der Papa den Einschulungsantrag.
Salat,
mit demnächst-SCHULKIND!!!!