Das Parfum
OA 1985 Form Roman Epoche Postmoderne
Mit seinem Debütroman Das Parfum, einer Kriminalgeschichte über einen Mörder im Frankreich des 18. Jahrhunderts, die zugleich ein Sittengemälde seiner Zeit entwirft, erzielte Patrick Süskind binnen weniger Jahre eine Millionenauflage. Neben der spannend erzählten Geschichte ist Süskinds Verwendung verschiedener literarischer Stile aus unterschiedlichen Epochen sowie seine intertextuellen Bezüge eine Besonderheit des Buchs, das es zu einem typischen Werk der Postmoderne macht.
Inhalt: Jean-Baptiste Grenouille wird 1738 als unehelicher Sohn einer Fischverkäuferin geboren; er überlebt den versuchten Kindsmord seiner Mutter und das entbehrungsreiche Leben als Kostkind sowie die Zeit als Hilfskraft bei einem Gerber, wo er lebensgefährliche Arbeiten verrichten muss. Ausgestattet mit einem absoluten Geruchssinn, ist er selbst jedoch ohne Geruch. »Sie konnten ihn nicht riechen. Sie hatten Angst vor ihm.« Als Mensch ohne Geruch zum Außenseiter verurteilt, erschließt er sich die Welt von Gerüchen und Düften, die er förmlich in sich aufsaugt. So folgt Grenouille über mehrere Pariser Stadtviertel dem Duft eines jungen schönen Mädchens, das er schließlich tötet, um ihren Duft in allen Feinheiten in sich aufzunehmen.
Grenouille erkennt seine Begabung und beschließt, der größte Parfumeur aller Zeiten zu werden. In einer Lehre erwirbt er die Fähigkeit, Düfte zu gewinnen und haltbar zu machen. Erst mit 25 Jahren wird ihm seine eigene Geruchsslosigkeit bewusst und so entwickelt er verschiedene Menschendüfte, die er anwendet, um unerkannt zu leben und seinem Ziel näher zu kommen. Im französischen Parfumzentrum Grasse tötet Grenouille 25 junge schöne Frauen, um ihren Duft zu konservieren. Ihr Duft bewahrt den überführten Mörder vor der Todesstrafe, am Tag der Hinrichtung erscheint er den Menschen in seiner Duftmaske nicht mehr als das hässliche Scheusal, sondern als überaus liebenswerter Mensch: »Er hatte sich eine Aura erschaffen, strahlender und wirkungsvoller, als sie je ein Mensch vor ihm besaß. Und er verdankte sie niemandem ... als einzig sich selbst. Er war in der Tat sein eigener Gott, und ein herrlicherer Gott als jener weihrauchstinkende Gott, der in den Kirchen hauste.« Der größte Triumph seines Lebens, Macht über andere zu gewinnen und von ihnen geliebt zu werden, bedeutet Grenouille jedoch nichts. Er kehrt nach Paris zurück, wo er sich von Dieben, Mördern und Huren auf dem Cimetière des Innocents, seiner Geburtsstätte, ermorden lässt: Die Begierde, an seinem überwältigenden Duft teilzuhaben ist so groß, dass sie ihn verschlingen.
Wirkung: Als literarische Sensation gefeiert, ist der Roman eine Verbindung von ernsthafter und unterhaltender Literatur und zählt zu den meistverkauften Büchern der deutschen Nachkriegszeit. Der Roman erreichte eine Weltauflage von über sechs Millionen Exemplaren und wurde in mehr als 20 Sprachen übersetzt. P. Z.
Kurzbeschreibung
Ein rares Meisterwerk zeitgenössischer Prosa, eine dicht gesponnene, psychologisch raffiniert umgesetzte Erzählung, die an die frühen Stücke von Patricia Highsmith erinnert, in ihrer Kunstfertigkeit aber an die Novellistik großer europäischer Erzähltradition anknüpft.
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Die Kundenrezensionen des Tages was ist das
5 von 5 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich:
Etwas für jeden Leser, 18. Januar 2002
Rezensentin/Rezensent: Jodie Lawson aus Großbritannien, Universität Exeter
Die faszinierende und spannende Geschichte, Das Parfum, hat für jeden Leser etwas zu bieten. Der Roman, der uns zurück ins Frankreich des 18. Jahrhunderts entführt, handelt von der Suche eines olfaktorischen Genies/ Ungeheuers nach dem idealen Parfüm, das seine Geruchlosigkeit verbirgt und ihm ermöglichen soll, die Herzen der Menschen zu beherrschen.
Es ist einfach eine gute spannende Geschichte über Mord, Lust und Gier, und durch die Beschreibung der Gerüche wird man veranlasst, alles um sich herum anders zu riechen. Für die meisten Leser würde dies schon genügen, so würden sie sich aber die Ironie und die Vielschichtigkeit des Buchs entgehen lassen.
Das Parfum ist voll der Widersprüche eines postmodernen Romans: es ist gleichzeitig ein Krimi, ein Künstlerroman, ein historischer Roman, eine seltsame Lebensgeschichte…Es ist einerseits einfach zu lesen, da es einen chronologischen Aufbau hat und es einen altmödischen Erzähler gibt, aber anderseits auch Aufgrund seiner psychologischen und philosophischen Ansichten kompliziert. Es ist eine ernste Geschichte, und gleichzeitig doch ironisch. Man hat sicher voher nie so etwas gelesen, aber es ist möglich, ein Netzwerk von Pastiche und Intertextualität zu entdecken, den Stil sogar ganzer Sätze mit denen anderen Autoren zu verbinden (Hoffmans Das Fräulain von Scuderi, Thomas Mann’s Doktor Faustus).
Wie in Umberto Ecos Der Name der Rose, verlangt das Buch viel von seinem Leser, und mit guten literarischen Kenntnissen und einer guten Nase kann man viel herausfinden. Man könnte es als eine einfache Collage von altem Stoff kritisieren, aber das Buch ist auf eine Art und Weise verfasst, um einerseits ein tieferes Nachdenken über die Kunst und darüber, was man Genie nennt, hervorzurufen.
Also wenn man den Roman in seiner Vielschichtigkeit betrachtest, kann er nur gefallen. Man kann sich auf die Aspekte konzentrieren, für die man sich interessiert.
Deswegen hat Das Parfum die Bestsellerliste erreicht. Es war aber nicht nur eine Modeerscheinung oder kurzfristige Begeisterung; sogar 15 Jahre später gefällt es noch Lesern verschiedener Generationen (meine Mutter und mein Großvater haben es gelesen). Also wenn du einer der wenigen bist, die es noch nicht gelesen haben, dann weißt du, was du jetzt zu tun hast!