Blümchen
Mama Biber
Ich bin da rein gewachsen. (Und wachse immer noch...) Man lernt ja auch sein Kind mit jedem Tag ein bisschen mehr, ein bisschen besser kennen und das führt dazu, dass man Situationen dann auch wieder anders einschätzen kann. Sicherer.
Der Große hatte ja verschiedene Baustellen, unter anderem ist er sehr muskelhypoton. Er konnte schlecht die Körperspannung halten, manchmal glückte es ihm und er fiel nicht um, ein anderes Mal lag er mit der Nase im Dreck. Dank fehlendem Stützreflex mitten im Dreck. Er konnte im vorhinein nie wissen, ob ihm das gelingen würde oder nicht, Bewegung bedeutete für ihn vollkommene Unsicherheit über das, was geschah.Und er war dem ausgeliefert.
Er liebte besonders, als er so etwa zweieinhalb/ drei war Lichtschalter. Er konnte ewig (über das Maß hinaus, in dem die Lichtschalterei andere Kinder auch fasziniert), an und ausknipsen. Weil er es konnte. Weil er wusste, was geschah, weil es seinem eigenen Einfluss unterlag. Klar, dass ihm das so wichtig war. Ihn hat in der Krabbelgruppe selten das Bällebecken oder der Schaukelelefant interessiert. Die hatten eine ganz tolle Jalousie, die man per Knopfdruck hoch und runter fahren konnte. Und das liebte er.
Die Sprüche, die wir dazu zu hören bekamen, die waren selten freundlich. Weil es eben über das übliche Maß hinaus ging. Und was habe ich gezagt und überlegt, ob die anderen recht haben. Ob ich hart sein muss. Oder ob es Gründe gibt. Bis mir klar wurde, wie wichtig es ihm war, dass er da Einfluss hatte, dass er das machen, auslösen konnte und zwar sicher, immer wieder. (Als er das ausdrücken konnte, mit Worten, hat er es auch so ähnlich formuliert, aber anfangs war es halt meine Vermutung).
Und ich glaube, dass ist mit vielem so. Man bekommt, wenn man Kinder hat, ganz oft Angst gemacht. Es gibt ja Buchtitel, die das bestärken. Der kleine Tyrann, Warum unsere Kinder Tyrannen werden... Und dem ist vorzubeugen. Ende. Und fast jeder fühlt sich ja berufen, seine Kommentare abzugeben, auch ungefragt. Als Eltern ist man immer irgendwie öffentlich angreifbar. Schade, dass es meist die destruktiven Kommentare sind, die, die verunsichern. Und nicht die, die Mut machen.
Es gibt interessante Studien dazu. Gerade in Deutschland ist diese Mentalität 'Das Kind muss gehorchen, hart sein, funktionieren' noch besonders stark vertreten. Es gab in den 30er Jahren diesen 'Erziehungratgeber von Johanna Haarer, die nie Kinderärztin oder Psychologin war, sondern Lungenfachärztin und die, im Sinne von Adolf Hitler und seiner Ideologie die Eltern dazu anhalten wollte, die Kinder frühzeitig hart zu machen. Weil solche Menschen sich gut eignen im Kampf. Nicht hinterfragen können, Befehle ausführen, und um Gottes Willen nicht weinen.
Nach dem 2. Weltkrieg wurden einige Passagen gestrichen, die zu offensichtlich waren, im Titel 'Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind' wurde das 'deutsche' gestrichen und das Buch wurde bis in die 80er Jahre hinein hier bestens verkauft.
Sehr bekannt ist daraus diese Passage:
"Dann, liebe Mutter, werde hart! Fange nur ja nicht an, das Kind aus dem Bett herauszunehmen, es zu tragen, zu wiegen, zu fahren oder es auf dem Schoß zu halten, es gar zu stillen. Das Kind begreift unglaublich rasch (…). Nach kurzer Zeit fordert es diese Beschäftigung mit ihm als ein Recht, gibt keine Ruhe mehr, bis es wieder getragen, gewiegt oder gefahren wird – und der kleine, aber unerbittliche Haustyrann ist fertig."
Mit der Erfahrung, die ich beim Großen gesammelt habe, kann ich sagen: Ich habe beim Kleinen keine Sorge mehr, ob es ihn verzieht, wenn er nicht alleine einschlafen muss. Oder Stillen durfte, wenn er Hunger hatte und nicht, wenn die Uhr es vorgab. Ob es ihn zum Tyrannen macht, wenn er entscheidet, ob wir links oder rechts herum gehen. Ich habe außerdem den Eindruck, dass meine (willenstarken!) Kinder keine strikten Regeln brauchen im Sinne von: 'Ich entscheide immer, welchen Weg wir nehmen.' (Zum Beispiel) Im Gegenteil war und ist es so, dass sie es gut akzeptieren, wenn ich entscheiden muss, dass es heute hierlang geht, wenn sie entscheiden dürfen, wenn nichts dran hängt (Arzttermin oder so). Vielleicht fühlen sie sich so gleichberechtigter. Und mir ist es wumps, wenn wir spazieren gehen, so just for fun, welchen Weg wir nehmen. Dürfen sie entscheiden.
Dafür sage ich auch die Wahrheit, wenn ich gefragt werde, wann sie durchgeschlafen haben, ob sie trocken sind und ob sie vom Tisch mitessen. *g* Ich denke, dass gerade da Wahrheit und Offenheit mehr weiterhilft als andere. Denn dann wird viel deutlicher, wie oft versucht wird, die Kinder einer Vorgabe anzupassen, die (wenige) vielleicht schon erfüllen können, ganz von alleine, viele aber eben (noch) nicht. Weil es DIE Norm nicht gibt. Aber wir normen halt so gern... und machen daran die Erziehungsfähigkeit der Eltern fest. Und wenn Kinder bockend im Supermarkt auf dem Boden liegen, wenn sie sich nicht bedanken, wenn sie laut schreien, wenn sie keinen Blumenkohl mögen, nachts zweimal wach werden und mit drei noch nicht trocken sind, dann, ganz klar liegt es doch auf der Hand, müssen die Eltern doch was falsch gemacht haben.
Der Große hatte ja verschiedene Baustellen, unter anderem ist er sehr muskelhypoton. Er konnte schlecht die Körperspannung halten, manchmal glückte es ihm und er fiel nicht um, ein anderes Mal lag er mit der Nase im Dreck. Dank fehlendem Stützreflex mitten im Dreck. Er konnte im vorhinein nie wissen, ob ihm das gelingen würde oder nicht, Bewegung bedeutete für ihn vollkommene Unsicherheit über das, was geschah.Und er war dem ausgeliefert.
Er liebte besonders, als er so etwa zweieinhalb/ drei war Lichtschalter. Er konnte ewig (über das Maß hinaus, in dem die Lichtschalterei andere Kinder auch fasziniert), an und ausknipsen. Weil er es konnte. Weil er wusste, was geschah, weil es seinem eigenen Einfluss unterlag. Klar, dass ihm das so wichtig war. Ihn hat in der Krabbelgruppe selten das Bällebecken oder der Schaukelelefant interessiert. Die hatten eine ganz tolle Jalousie, die man per Knopfdruck hoch und runter fahren konnte. Und das liebte er.
Die Sprüche, die wir dazu zu hören bekamen, die waren selten freundlich. Weil es eben über das übliche Maß hinaus ging. Und was habe ich gezagt und überlegt, ob die anderen recht haben. Ob ich hart sein muss. Oder ob es Gründe gibt. Bis mir klar wurde, wie wichtig es ihm war, dass er da Einfluss hatte, dass er das machen, auslösen konnte und zwar sicher, immer wieder. (Als er das ausdrücken konnte, mit Worten, hat er es auch so ähnlich formuliert, aber anfangs war es halt meine Vermutung).
Und ich glaube, dass ist mit vielem so. Man bekommt, wenn man Kinder hat, ganz oft Angst gemacht. Es gibt ja Buchtitel, die das bestärken. Der kleine Tyrann, Warum unsere Kinder Tyrannen werden... Und dem ist vorzubeugen. Ende. Und fast jeder fühlt sich ja berufen, seine Kommentare abzugeben, auch ungefragt. Als Eltern ist man immer irgendwie öffentlich angreifbar. Schade, dass es meist die destruktiven Kommentare sind, die, die verunsichern. Und nicht die, die Mut machen.
Es gibt interessante Studien dazu. Gerade in Deutschland ist diese Mentalität 'Das Kind muss gehorchen, hart sein, funktionieren' noch besonders stark vertreten. Es gab in den 30er Jahren diesen 'Erziehungratgeber von Johanna Haarer, die nie Kinderärztin oder Psychologin war, sondern Lungenfachärztin und die, im Sinne von Adolf Hitler und seiner Ideologie die Eltern dazu anhalten wollte, die Kinder frühzeitig hart zu machen. Weil solche Menschen sich gut eignen im Kampf. Nicht hinterfragen können, Befehle ausführen, und um Gottes Willen nicht weinen.
Nach dem 2. Weltkrieg wurden einige Passagen gestrichen, die zu offensichtlich waren, im Titel 'Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind' wurde das 'deutsche' gestrichen und das Buch wurde bis in die 80er Jahre hinein hier bestens verkauft.
Sehr bekannt ist daraus diese Passage:
"Dann, liebe Mutter, werde hart! Fange nur ja nicht an, das Kind aus dem Bett herauszunehmen, es zu tragen, zu wiegen, zu fahren oder es auf dem Schoß zu halten, es gar zu stillen. Das Kind begreift unglaublich rasch (…). Nach kurzer Zeit fordert es diese Beschäftigung mit ihm als ein Recht, gibt keine Ruhe mehr, bis es wieder getragen, gewiegt oder gefahren wird – und der kleine, aber unerbittliche Haustyrann ist fertig."
Mit der Erfahrung, die ich beim Großen gesammelt habe, kann ich sagen: Ich habe beim Kleinen keine Sorge mehr, ob es ihn verzieht, wenn er nicht alleine einschlafen muss. Oder Stillen durfte, wenn er Hunger hatte und nicht, wenn die Uhr es vorgab. Ob es ihn zum Tyrannen macht, wenn er entscheidet, ob wir links oder rechts herum gehen. Ich habe außerdem den Eindruck, dass meine (willenstarken!) Kinder keine strikten Regeln brauchen im Sinne von: 'Ich entscheide immer, welchen Weg wir nehmen.' (Zum Beispiel) Im Gegenteil war und ist es so, dass sie es gut akzeptieren, wenn ich entscheiden muss, dass es heute hierlang geht, wenn sie entscheiden dürfen, wenn nichts dran hängt (Arzttermin oder so). Vielleicht fühlen sie sich so gleichberechtigter. Und mir ist es wumps, wenn wir spazieren gehen, so just for fun, welchen Weg wir nehmen. Dürfen sie entscheiden.
Dafür sage ich auch die Wahrheit, wenn ich gefragt werde, wann sie durchgeschlafen haben, ob sie trocken sind und ob sie vom Tisch mitessen. *g* Ich denke, dass gerade da Wahrheit und Offenheit mehr weiterhilft als andere. Denn dann wird viel deutlicher, wie oft versucht wird, die Kinder einer Vorgabe anzupassen, die (wenige) vielleicht schon erfüllen können, ganz von alleine, viele aber eben (noch) nicht. Weil es DIE Norm nicht gibt. Aber wir normen halt so gern... und machen daran die Erziehungsfähigkeit der Eltern fest. Und wenn Kinder bockend im Supermarkt auf dem Boden liegen, wenn sie sich nicht bedanken, wenn sie laut schreien, wenn sie keinen Blumenkohl mögen, nachts zweimal wach werden und mit drei noch nicht trocken sind, dann, ganz klar liegt es doch auf der Hand, müssen die Eltern doch was falsch gemacht haben.