AW: Die Lehrerin von L. nervt mich schön langsam...
Larissa ist etwa sieben Monate aelter als Linnea. Linnea ist in einer Vorschulklasse. Sie wollte zwar unbedingt mit fuenf lesen lernen, aber bisher ist das auch noch nichts geworder
. Sie erkennt/liest eine Menge kleiner Woerter und die Namen ihrer Klassenkameraden und hoert Anlaute und kann wohl das ganze Alphabet (zumindest in Grossschrift). Ich denke, dass Larissa da durchaus ein ganz normales Lerntempo hat. Der jungen Lehrerin wird es aufgrund ihres Berufsanfaengerstatus noch an Erfahrung fehlen. Sie hat noch nicht gesehen, dass die Kinder nicht alle kontinuierlich lernen, dass manche immer mal wieder einen Quantensprung machen, waehrend andere stetig vor sich hin lernen, und dass sie das auch kaum beeinflussen kann. Die Kinder lernen einfach individuell und die Rolle der Leherin ist fuer jedes Kind und alle Lerntypen ein angenhemes, unterstuetzendes Umfeld zu schaffen. Das kann man durchaus ansprechen und auch fordern. Ihr seid die Larissa-Experten; Ihr wisst, dass sie Zusprache und Motivation braucht. Ihr wisst auch ganz intuitiv, dass ihre Lernerfolge total im Lot sind. Ich wuerde auch zuhause gar nicht so viel ueben. So ein Quatsch :oops:! Der Schultag ist lang genug fuer das Kind. Du schreibst ja selbst, dass sie manchmal erst mal eine Runde heulen muss, wenn sie nach Hause kommt. Da kommt halt auch das junge Einschulungsalter und die Ganztagsanforderung raus. Es reicht einfach fuer eine noch nicht mal Sechseinhalbjaehrige.
Weisst Du, Klaas hatte in der ersten Klasse eine fantastische, ehrgeizige und erfahrene Lehrerin. Er lernte sehr einfach und schnell, nur das Lesen nicht. Die Lehrerin besprach sich mit uns im Herbst und wollte von ihrer Seite aus fuer Klaas jeden Tag Lesehausaufgaben zum Ueben mitgeben. Klaas war aber nachmittags auch recht platt, da diese ehrgeizige Kraft eben ihren Schultag mit den Kindern sehr gut und anspruchsvoll fuellte. Wir haben ihr damals tief in die Augen geschaut und gesagt, dass wir das Lesenlernen gerne weiter beobachten aber keinen Anlass sehen extra zuhause zu ueben. Wir vertrauen da voellig auf das Kind und ihre Beschulung. Die Lehrerin nahm das ernst und entpannte sich in ihrer Erwartungshaltung. Ende Januar kam sie nach der Schule auf mich zu und berichtete voller Freude, dass Klaas einen riesigen Entwicklungsprung im Lesen gemacht hatte, er haette mehrere "Level" einfach uebersprungen und haette quasi das Klassenziel im Lesen ganz ploetzlich, in wenigen Tagen erreicht (und das, ohne dass wir jemals extra zuhause geuebt haetten). Nur kurze Zeit spaeter wurde Klaas unter anderen Eltern als das Kind, das dicke Buecher herumschleppt und liest, beschrieben.
Weisst Du Su, ich liebe diese Lehrerin. Ich schaetze sie dafuer, dass sie erkannt hat, dass mein Sohn nicht so schnell lesen lernt, wie es seiner Intelligenz entspraeche. Und ich schaetze sie dafuer, dass sie mich als Partner respektierte, der meinte, man koenne dem Kind gerade nicht mehr zumuten und mit Entspannung kaemen wir weiter als mit Ueben und "Druck". Waere der Knoten nicht geplatzt, haette sie ihn sicherlich rechtzeitig vor Schuljahresende auf Lese- und Rechtschreibschwaeche testen lassen.
Ich finde es wichtiger, dass Larissa wieder turnt und Spass hat, als dass sie zuhause ueben muss
. Das Gras waechst auch nicht schneller davon, dass man daran zieht.
Weisst Du, wir haben jetzt in der sechsten Klasse, viele Jahre spaeter, wieder so eine Situation. Unser Sohn kann nur schlecht schriftlich dividieren. Man sollte ja meinen, das sei kein Thema mehr, vor allem nicht fuer einen Einserschueler in Mathe. Wir koennen es ihm nicht zeigen, weil die Amerikaner ganz anders dividieren als wir (long division heisst die Technik). Seine Lehrerin bleibt ganz cool und uebt es immer mal wieder mit ihm/der Klasse. Sie fuehrt seine schlechten Kuenste darauf zurueck, dass sein Zahlenverstaendnis so gross ist, dass er einfach andere, fuer ihn einfachere Umwege findet seine Aufgaben zu loesen. Ja trotzdem sollte er teilen lernen und dass der kuerzeste Weg in Mathe immer der eleganteste ist. Aber seine Kreativitaet wird durchaus geschult, wenn Umwege denken und rechnen muss. (Und nein: Ich heurere jetzt keinen Mathecoach, der sich mal zwei Nachmittag mit ihm zum Dividieren trifft.)
Lulu