Buchstabensalat
Lebenskünstlerin
Morgen ist Rosenmontag, und ich habe mich verpflichtet, für das Buffett im Kindergarten Brötchen zu backen. Also stürmen Cassie und ich die Küche, denn eines ist klar: sie macht mit!
Unter vielem Erklären wird die Küchenmaschine aufgebaut. Allein hier schon würde ich scheitern - denn ohne Cassie könnte ich ja niemals den Knethaken richtig einsetzen.
Quietschvergnügt, gewandet in eine "Schürze" aus einem Küchenhandtuch, überwacht sie, wie ich die Schüssel richtig einsetze und den Deckel auflege.
Als nächstes müssen wir Mehl abwiegen, 500 g sollten für den Teig reichen, das paßt auch genau auf die Menge Trockenhefe. Leider nicht in die Schüssel, in der wir abwiegen, aber man kann ja zweimal füllen.
"Ich, ich!" quietscht Cassie, schnappt sich den Löffel und schrappt das Mehl in die Wiegeschüssel. Mühsam nur kann ich sie bremsen - die Schüssel ist voll, 250 g Mehl sind drin, und die restlichen 500 g müssen nicht unbedingt in der ganzen Küche verteilt werden.
Ein Sieb auf die Küchenmaschine gestellt, und nun darf Cassie das Mehl sieben. Hingebungsvoll rührt, rüttelt und schüttelt sie das Mehl durch das Sieb.
Mit gemischten Gefühlen beobachte ich die Schweinerei. Eine weiße Staubwolke hüllt die kleine Köchin ein, und im Eifer des Gefechts landet ne Menge von dem "weißen Gold" neben der Schüssel. Werd ich gleich wohl 300 g abwiegen müssen, um zu meinen 500 g zu kommen...
Auch von der zweiten Portion Mehl landet so einiges daneben. Ich fege es mit den Händen auf der Arbeitsplatte zusammen und werfe es zum restlichen Mehl mit rein.
"Siehst du," erkläre ich, "darum haben wir vorher so schön gewischt."
Cassie nickt bedeutungsvoll. Glasklar.
Zusammen befüllen wir die Maschine mit Trockenhefe, Milch ("Ich au Milch tinken!" - "Gut, hier dein Glas..."), etwas Butter und zwei Eiern.
"An?" Auffordernd schaut sie mich an, die Finger schon am Drehknopf.
"Ja, mach an."
"Guck hein!"
Seufzend hebe ich sie hoch - sie steht zwar auf ihrer heißgeliebten Leiter, das reicht aber nicht ganz, um bequem zuschauen zu können, wie die Knethaken den Teig wälzen. Wahnsinnig spannend, jedenfalls für einige von uns. Ich stöhne innerlich vor Langeweile und Anstrengung - in den letzten drei Wochen hatte ich genausoviele fiebrige Erkältungen und bin entsprechend dünnhäutig und genervt.
Schließlich darf ich sie wieder absetzen und die Knetmaschine abstellen lassen.
"Hier, Cassie, wir brauchen Mehl auf der Arbeitsplatte. Verteil mal schön das Mehl überall hin."
"Meeehl", flüstert sie beschwörend und streichelt es in alle Richtungen, vor allem in Richtung Kante und Boden.
"Mehr Mehl!" und stopft ihre Hand bis zum Ellbogen in die Mehlschublade, die dabei beinahe umfällt.
"Nicht so viel!" Grmpf.
Nun wird der Teig aus der Schüssel gekratzt.
"So, der muß jetzt ganz raus. Nein, Cassie, ich mache das. Nein, stell dich da hin. Nein, Cassie, DA hin - FINGER WEG!"
Endlich steckt sie nicht mehr zwischen mir und der Schüssel, und ich kann den Teig ungehemmt herauskratzen. Zwei Handgriffe, und jeder von uns hat einen Klumpen Teig vor sich liegen.
"Den müssen wir jetzt kneten, schau..."
"Neten. Da?"
Ihre kleinen Hände wühlen und wühlen, zwischendurch schaut sie zu mir, die ich auf dem kleinen Fleck, der mir für meine Arbeit noch bleibt, den Teig herumdrücke.
Nach dem dritten Seitenblick hat sie den Dreh so in etwa heraus.
Ich lege meinen Klumpen beiseite.
"So, jetzt brauchen wir eine lange Schlange."
"Neten. Necke! Necke!" jubelt sie - sie hat mich verstanden und knetet in Windeseile (naja, für ihre Verhältnisse) eine halbwegs
einheitliche Rolle aus dem Teig.
Die schneide ich jetzt in gleich große Stücke, damit die Brötchen auch einheitlich werden. Ich versuche es zumindest, denn wenigstens dreimal schnappt sich Cassie jedesmal eines der Stücke und knetet es in eine neue Form. Hargn.
"Laß es liegen!" befehle ich schließlich stereotyp, um überhaupt weiterzukommen.
Jeder von uns bekommt nun ein Stück, denn: "Das muß jetzt eine Kugel werden." Kurze Zeit später erhalte ich von ihr etwas, das man durchaus als Kugel bezeichnen kann. Ich lege unsere beiden Machwerke auf das vorbereitete Backblech, drehe mich um - und könnte ausflippen.
In den wenigen Sekunden hat mein Goldmädchen sämtliche gleich großen Teigstückchen zusammengerafft und einen großen Klumpen daraus geformt. Offensichtlich fühlte sie sich zu Größerem berufen.
Ich beiße die Zähne zusammen. Sicherlich, ich könnte schon längst fertig sein, würde ich ohne sie backen, und das mit einem Bruchteil des Drecks... Tief durchatmen, weitermachen. Wer glaubt ernsthaft, ich könnte das hier ohne ihre Mithilfe durchziehen?
Also von vorne:
"Necke neten", in Stücke schneiden. Das scharfe Messer erweckt ihre Begehrlichkeit.
"Ja, du darfst auch durchschneiden. Hier, nimm es so - NEIN, Cassie! Zusammen!"
Mürrisch fügt sie sich darein, daß meine Hand die ihre dabei umschließt. Gemeinsam setzen wir das Messer an den Teig. Kontrollblick auf ihre andere Hand - "HALT!" Gegen ihren erbitterten Widerstand reiße ich das Messer wieder hoch. Cassie erstarrt, ihre Unterlippe schiebt sich vor, beginnt zu zittern. Sie schmollt - warum schreie ich sie an? Ungerecht!
Mit Engelszungen versuche ich ihr zu erklären, daß sie sich beinahe in den Finger geschnitten hätte.
"Schau, gaaanz weit weg anfassen... ja, hier das Messer... jetzt schneiden ist okay." Gut, unter den Umständen verzichtet sie darauf, ein Gebrüll anzustimmen.
Gute 30 Minuten später sind alle Brötchen geformt und im warmen Backofen untergebracht, um nocheinmal zu gehen.
Papa übernimmt Cassie zum Abendbrot-Essen, und ich gehe, mein schweißdurchtränktes Hemd zu wechseln. Ich hätte das Doppelte an Arbeit in der Hälfte der Zeit geschafft, hätte ich es alleine gemacht.
Aber seien wir ehrlich - das nächste Mal backen wir ja doch wieder zusammen.
Gruß,
Buchstabensalat
Unter vielem Erklären wird die Küchenmaschine aufgebaut. Allein hier schon würde ich scheitern - denn ohne Cassie könnte ich ja niemals den Knethaken richtig einsetzen.
Quietschvergnügt, gewandet in eine "Schürze" aus einem Küchenhandtuch, überwacht sie, wie ich die Schüssel richtig einsetze und den Deckel auflege.
Als nächstes müssen wir Mehl abwiegen, 500 g sollten für den Teig reichen, das paßt auch genau auf die Menge Trockenhefe. Leider nicht in die Schüssel, in der wir abwiegen, aber man kann ja zweimal füllen.
"Ich, ich!" quietscht Cassie, schnappt sich den Löffel und schrappt das Mehl in die Wiegeschüssel. Mühsam nur kann ich sie bremsen - die Schüssel ist voll, 250 g Mehl sind drin, und die restlichen 500 g müssen nicht unbedingt in der ganzen Küche verteilt werden.
Ein Sieb auf die Küchenmaschine gestellt, und nun darf Cassie das Mehl sieben. Hingebungsvoll rührt, rüttelt und schüttelt sie das Mehl durch das Sieb.
Mit gemischten Gefühlen beobachte ich die Schweinerei. Eine weiße Staubwolke hüllt die kleine Köchin ein, und im Eifer des Gefechts landet ne Menge von dem "weißen Gold" neben der Schüssel. Werd ich gleich wohl 300 g abwiegen müssen, um zu meinen 500 g zu kommen...
Auch von der zweiten Portion Mehl landet so einiges daneben. Ich fege es mit den Händen auf der Arbeitsplatte zusammen und werfe es zum restlichen Mehl mit rein.
"Siehst du," erkläre ich, "darum haben wir vorher so schön gewischt."
Cassie nickt bedeutungsvoll. Glasklar.
Zusammen befüllen wir die Maschine mit Trockenhefe, Milch ("Ich au Milch tinken!" - "Gut, hier dein Glas..."), etwas Butter und zwei Eiern.
"An?" Auffordernd schaut sie mich an, die Finger schon am Drehknopf.
"Ja, mach an."
"Guck hein!"
Seufzend hebe ich sie hoch - sie steht zwar auf ihrer heißgeliebten Leiter, das reicht aber nicht ganz, um bequem zuschauen zu können, wie die Knethaken den Teig wälzen. Wahnsinnig spannend, jedenfalls für einige von uns. Ich stöhne innerlich vor Langeweile und Anstrengung - in den letzten drei Wochen hatte ich genausoviele fiebrige Erkältungen und bin entsprechend dünnhäutig und genervt.
Schließlich darf ich sie wieder absetzen und die Knetmaschine abstellen lassen.
"Hier, Cassie, wir brauchen Mehl auf der Arbeitsplatte. Verteil mal schön das Mehl überall hin."
"Meeehl", flüstert sie beschwörend und streichelt es in alle Richtungen, vor allem in Richtung Kante und Boden.
"Mehr Mehl!" und stopft ihre Hand bis zum Ellbogen in die Mehlschublade, die dabei beinahe umfällt.
"Nicht so viel!" Grmpf.
Nun wird der Teig aus der Schüssel gekratzt.
"So, der muß jetzt ganz raus. Nein, Cassie, ich mache das. Nein, stell dich da hin. Nein, Cassie, DA hin - FINGER WEG!"
Endlich steckt sie nicht mehr zwischen mir und der Schüssel, und ich kann den Teig ungehemmt herauskratzen. Zwei Handgriffe, und jeder von uns hat einen Klumpen Teig vor sich liegen.
"Den müssen wir jetzt kneten, schau..."
"Neten. Da?"
Ihre kleinen Hände wühlen und wühlen, zwischendurch schaut sie zu mir, die ich auf dem kleinen Fleck, der mir für meine Arbeit noch bleibt, den Teig herumdrücke.
Nach dem dritten Seitenblick hat sie den Dreh so in etwa heraus.
Ich lege meinen Klumpen beiseite.
"So, jetzt brauchen wir eine lange Schlange."
"Neten. Necke! Necke!" jubelt sie - sie hat mich verstanden und knetet in Windeseile (naja, für ihre Verhältnisse) eine halbwegs
einheitliche Rolle aus dem Teig.
Die schneide ich jetzt in gleich große Stücke, damit die Brötchen auch einheitlich werden. Ich versuche es zumindest, denn wenigstens dreimal schnappt sich Cassie jedesmal eines der Stücke und knetet es in eine neue Form. Hargn.
"Laß es liegen!" befehle ich schließlich stereotyp, um überhaupt weiterzukommen.
Jeder von uns bekommt nun ein Stück, denn: "Das muß jetzt eine Kugel werden." Kurze Zeit später erhalte ich von ihr etwas, das man durchaus als Kugel bezeichnen kann. Ich lege unsere beiden Machwerke auf das vorbereitete Backblech, drehe mich um - und könnte ausflippen.
In den wenigen Sekunden hat mein Goldmädchen sämtliche gleich großen Teigstückchen zusammengerafft und einen großen Klumpen daraus geformt. Offensichtlich fühlte sie sich zu Größerem berufen.
Ich beiße die Zähne zusammen. Sicherlich, ich könnte schon längst fertig sein, würde ich ohne sie backen, und das mit einem Bruchteil des Drecks... Tief durchatmen, weitermachen. Wer glaubt ernsthaft, ich könnte das hier ohne ihre Mithilfe durchziehen?
Also von vorne:
"Necke neten", in Stücke schneiden. Das scharfe Messer erweckt ihre Begehrlichkeit.
"Ja, du darfst auch durchschneiden. Hier, nimm es so - NEIN, Cassie! Zusammen!"
Mürrisch fügt sie sich darein, daß meine Hand die ihre dabei umschließt. Gemeinsam setzen wir das Messer an den Teig. Kontrollblick auf ihre andere Hand - "HALT!" Gegen ihren erbitterten Widerstand reiße ich das Messer wieder hoch. Cassie erstarrt, ihre Unterlippe schiebt sich vor, beginnt zu zittern. Sie schmollt - warum schreie ich sie an? Ungerecht!
Mit Engelszungen versuche ich ihr zu erklären, daß sie sich beinahe in den Finger geschnitten hätte.
"Schau, gaaanz weit weg anfassen... ja, hier das Messer... jetzt schneiden ist okay." Gut, unter den Umständen verzichtet sie darauf, ein Gebrüll anzustimmen.
Gute 30 Minuten später sind alle Brötchen geformt und im warmen Backofen untergebracht, um nocheinmal zu gehen.
Papa übernimmt Cassie zum Abendbrot-Essen, und ich gehe, mein schweißdurchtränktes Hemd zu wechseln. Ich hätte das Doppelte an Arbeit in der Hälfte der Zeit geschafft, hätte ich es alleine gemacht.
Aber seien wir ehrlich - das nächste Mal backen wir ja doch wieder zusammen.
Gruß,
Buchstabensalat